Dreyer lässt Köpfe rollen

ROCHADE Die politisch angeschlagene Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz tauscht fünf von neun Ministern aus. Der Versuch einer Selbstrettung

So hat sie mit Blick auf die Landtagswahlen 2016 die Altlasten Kurt Becks entsorgt

VON ANJA KRÜGER

BERLIN taz | Der finanzielle Crash des Nürburgrings hat in Rheinland-Pfalz zu einem politischen Erdbeben geführt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat am Mittwoch ihr Kabinett radikal umgebildet. So hat sie mit Blick auf die Landtagswahlen 2016 die Altlasten ihres Vorgängers Kurt Beck entsorgt. Umfragen zufolge hat Rot-Grün in Rheinland-Pfalz keine Mehrheit mehr.

Die Landesregierung könne aufgrund der andauernden Debatte um den Nürburgring ihre eigentlichen Themen nicht mehr transportieren, begründete Dreyer den drastischen Umbau. Die 53-Jährige hat 2013 die Nachfolge von Beck angetreten, ohne Minister auszutauschen. „Mit der Umbildung sind die personellen Konsequenzen aus der Nürburgring-Affäre gezogen“, sagte sie. Dreyer tauscht fünf von neun Ministern aus. Drei müssen gehen, zwei werden umbesetzt. Die von den Grünen besetzten Ressorts bleiben unberührt.

Das Kabinett verlassen Finanzminister Carsten Kühl, Justizminister Jochen Hartloff und Europaministerin Margit Conrad, auch SPD-Fraktionschef Hendrik Hering verliert seinen Posten. Neuer Fraktionschef wird der bisherige Gesundheitsminister Alexander Schweitzer, der erst nach Dreyers Wechsel in die Staatskanzlei ins Kabinett gekommen ist. Dessen Posten übernimmt die Bundestagsabgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die von 2005 bis 2009 Drogenbeauftragte der Bundesregierung war. Neue Finanzministerin wird Doris Ahnen, bislang für Bildung zuständig. Ihr folgt Staatssekretärin Vera Reiß. Justizminister wird der Juraprofessor Gerhard Robbers. Das Europaressort bekommt die bisherige Staatskanzleichefin Jacqueline Kraege.

Dreyer versucht mit dem Umbau zu verhindern, dass sie selbst in den Affärenstrudel um die legendäre Rennstrecke in der Eifel gezogen wird – schließlich war auch sie Mitglied des Kabinetts Beck. In einem Bericht des Landesrechnungshofs werden schwere Vorwürfe gegen die bis 2011 amtierende Alleinregierung unter Beck erhoben, unter anderem wegen eines Kredits in Höhe von 330 Millionen Euro. Um die großen Verluste des Nürburgrings in den Griff zu bekommen, sollte dort ein gigantischer Erlebnispark mit Shoppingmeile und Hotelanlagen entstehen. Die Finanzierung durch teils dubiose private Investoren scheiterte. Das Land steckte fast eine halbe Milliarde Euro in das Projekt, konnte aber die Insolvenz nicht verhindern.

Schon Mitte Oktober war Dreyer auf Distanz zu Beck gegangen und hatte Fehler eingeräumt. Forderungen der CDU nach Rücktritten der beteiligten Minister hatte sie da aber noch abgelehnt. Die CDU drängt auch auf die Demission von Innenminister Roger Lewentz, der als einziger sozialdemokratischer Minister auf seinem Posten bleibt. Er war für den Nürburgring verantwortlich, als die Projektgesellschaft in die Insolvenz ging.

Der CDU reicht der Personalaustausch nicht. „Ein wirklicher Neustart für Rheinland-Pfalz ist nur noch durch Neuwahlen möglich“, sagte die CDU-Chefin Julia Klöckner.