kabinenpredigt
: Sarah BSC

Endlich ist es ganz und gar amtlich – Lucien Favre wird der neue Trainer von Hertha BSC. Seinen Kotrainer Harald Gämerle darf er allerdings nicht mit nach Berlin nehmen. Das finde ich auch richtig so, denn Favre ist schon ein großer Junge und sollte sich allein in der großen Stadt beweisen, ohne einen Kumpel im Gepäck.

Ob Favre der Richtige ist, um aus unseren Spielern etwas zu formen, das den Namen Mannschaft verdient, wird sich zeigen. Aber Anzeichen dafür gibt es bereits. Favre hat auf jeden Fall Durchsetzungskraft. So hat er Hoeneß Wunschkandidat als Spielmacher, den Brasilianer Alex, rundweg abgelehnt. Hoffen wir, dass dies nicht die Eröffnung eines Schlagabtauschs zwischen zwei Dickköpfen ist, sondern aus dem Wissen heraus geschah, das Hoeneß einer der unglücklichsten Spielereinkäufer der Bundesliga ist.

Das scheint übrigens auch die Vereinsführung einzusehen und so ist derzeit Michael Preez auf Sichtungstour in Brasilien und nicht, wie eigentlich geplant, Hoeneß. Ich begrüße das sehr. Wie Berlin auf Favre reagieren wird, davon hängt ein Großteil seines Erfolgs ab. Die Presse überschlägt sich mit Lob. Favre sei schlau, hartnäckig und einfallsreich. Nur das Favre nicht gerade als wortgewandt bekannt ist, macht mir Sorgen. Wollen wir hoffen, dass ihm das nicht zum Verhängnis wird in dieser Stadt, in der Wortwitz so viel zählt.

Doch seit sich der Eindruck, dass der Schweizer an sich etwas langweilig ist, durch die tolle Unterhaltung, die uns das ehemalige Botschafterpaar Borer-Fielding bot, geändert hat, dürfte einem mehr als freundlichen Empfang nichts im Wege stehen. Meine Arme jedenfalls sind weit geöffnet, ich freu mich auf ihn und sage ihm von hieraus schon mal Hallo.

Möglicherweise braucht Favre auch nur eine Stadt wie Berlin, um auch auf sprachlichem Terrain hervorragend zu werden. Wer weiß, vielleicht wird er als derjenige in die Fußballgeschichte eingehen, der Hertha BSC endlich aus der Mittelmäßigkeit herausholt. Schön wäre das schon. SARAH SCHMIDT