Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Merkel über alles: Für die SPD waren deutsche EU-Ratspräsidentschaft und G-8-Gipfel die reinste Ohrfeigenstrecke. Doch nun hat ihr lustiger kleiner Koalitionspartner endlich wieder die Chance, sich mit tollen neuen Ideen zu profilieren

Westerwelles FDP hat zehn Jahre nicht mehr mitregiert: auch ein Rekord. Das Erfolgreichste an ihr ist Westerwelle, nicht die FDP

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Opposition verschwand hinter Schwarzem Block und mangels eigener Ideen.

Was wird besser in dieser?

EU-Ratspräsidentschaft und G-8-Gipfel war Ohrfeigenstrecke mit Ansage für die SPD. Nun haben sie tolle Ideen, mit denen sie danach auftrumpfen werden. Bin gespannt!

War der G-8-Gipfel ein Erfolg – für Angela Merkel?

Ist das denn so arg wichtig? Jede halbwegs mit Erwachsenen durchsetzte Werbeagentur würde eine Wahlkampfkampagne ablehnen, wie sie die Bild dem Land aufzudummen versucht hat: „Klima gerettet, Putin und Bush versöhnt, toll gekocht, Mutti ist die Beste“. Der Gipfel ist eine undemokratische Paten-Vollversammlung und hat seine einzige Chance auf Legitimation, Schrittmacher für positive Initiativen in der UN zu sein, vergeigt.

Soll man beim Klimaschutz weiter auf die USA hoffen? Oder ohne und gegen sie Klimaschutzpolitik machen?

Jetzt die Ziele aufzugeben, damit der nächste US-Präsident innenpolitisch weniger Argumente hätte, die Nation wieder zur Vernunft zu bringen, wäre töricht. Bush kann man aussitzen.

Bei der Begrenzung der Macht der Hedgefonds ist gar nichts herausgekommen. Warum nicht?

Die Regierungschefs hatten nicht genug Eddings dabei, um große Pappschilder zu malen „Kapitalismus ja – aber kein Raubtierkapitalismus vielleicht, bitte, wenn’s geht, mal nur so ’ne Idee, ist auch nicht so wichtig“. Da hätte die Welt natürlich sofort einen anderen Lauf genommen. Immerhin erinnert die Frage schemenhaft daran, dass Frau Merkels lustiger kleiner Koalitionspartner früher mal arge Flausen hatte.

Waren die Gegenaktionen sinnvoll – oder sind sie wie der Gipfel nur noch ein Ritual?

Selbst wenn, wäre es ja legitim, auf ein Ritual angemessen zu reagieren. Ich fand die inhaltliche Auseinandersetzung mit Aspekten der Entwicklungshilfe, Umweltpolitik und Globalisierung sensationell weitreichend und im Tenor so übel für die G-8-Macher, dass ich dem im Sinne der Volksbildung viel Gutes abgewinnen kann.

Hat sich die Bewegung den Autonomen gegenüber richtig verhalten?

Ich hörte und las erfreulich wenig Verständnisgeheuchel und viel klare Kante: Wer sich das angetan hatte, etwa nach Rostock zu reisen, um dann von den Schlägertypen beider Seiten vereinnahmt zu werden, der wehrt sich. Und dies zu Recht.

Ist das Engagement von Bono, Geldof und Grönemeyer effektiv – oder bloß clevere PR in eigener Sache?

Müssen wir uns mal die Idee abgewöhnen, dass dies ein Widerspruch sei? „Tu Gutes und rede darüber“ geht doch auch.

Am Samstag gründet sich Die Linke als Partei. Wird es sie in zehn Jahren noch geben?

Dann hätte sie versagt.

Am Samstag hält die FDP ihren Bundesparteitag. Ist die Zeit reif für eine Ampelkoalition? Oder wieder für Rot- Gelb?

Das Erfolgreichste an der Westerwelle-FDP ist Westerwelle, nicht die FDP. Nächstes Jahr steht der nachgerade schalkoide Rekord „Zehn Jahre nicht mitregiert“ an. Und noch immer weiß niemand, wofür die Partei stehen möchte: Die ruhmreich rechtsstaatliche „Kinkel-Initiative“ zur RAF hat der Parteivorsitzende gerade lautstark pöbelnd verraten, die wirtschaftsextremistische Mode hat Union und FDP 2005 den Wahlsieg gekostet. Also: Es gibt keinen inhaltlichen Grund für eine Koalition mit der FDP. Vielleicht stehen Münte und Beck auf so was.

Und was macht Borussia Dortmund?

Lars Ricken, offizieller Inhaber der Michael-Zorc-Gedächtnis-Planstelle „Letzter echter Dortmunder im Kader“ rettet den Amateuren den Klassenerhalt, wird für lau ringsum angeboten und vom Präsidenten als „vorbildlicher Borusse“ gelobt in der Zeitung. Wovon er aber auch keinen neuen Vertrag hätte. Das einzige Kontinuum seiner abwechslungsreichen Karriere war, dass er oft dann ganz groß auftrumpfte, wenn ihn keiner auf der Rechnung hatte. Das wünsche ich ihm auch diesmal. FRAGEN: SR