Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Alfred Hitchcock hatte eine Schwäche für filmische Experimente: Bei „Rope“ (1948) versuchte er sich an dem Spielfilm in einer einzigen Einstellung – sofern man den Schnitt direkt nach dem Vorspann von außen in die Wohnung zweier Mörder nicht mitrechnet. Für den Rest der Handlung, die die Einheit von Ort und Zeit wahrt , ließ der Regisseur die jeweils zehnminütigen Filmrollen jeweils ohne Unterbrechung durchlaufen, am Ende und Anfang jeder Rolle dient ein direkt vor der Kamera stehender Akteur quasi als Schwarzblende. Die technischen Aspekte des Films wie die komplizierten Kamerabewegungen innerhalb der Wohnung erscheinen hier dann letztlich auch interessanter als die theatrale Geschichte um zwei junge Männer, die einen sinnlosen Mord begehen und anschließend den Vater und die Verlobte ihres Opfers sowie einen ehemaligen Lehrer (James Stewart), der seltsame Theorien über intellektuelle Übermenschen vertritt, zur Party laden. (OmU, 13. 7. Babylon Mitte)

Nachdem er in seiner musikalischen Karriere zeitlebens eher im Schatten der Stars stand, entfaltete der deutsche Musiker und Grafiker Klaus Voormann in den vergangenen Jahren noch einmal erhebliche Aktivitäten: Er schrieb eine Autobiografie und initiierte ein Album mit dem etwas koketten Titel „A Sideman’s Journey“, das zugleich Anlass bot, auch noch eine Filmdoku namens „All You Need Is Klaus“ (2009) hinterherzuschieben. Das klingt nach Selbstbeweihräucherung, doch tatsächlich ist Voormann ein zwar stolzer, aber eher bescheidener Typ, der in seiner sympathischen Art viel zu erzählen weiß über all jene Starmusiker, mit denen ihn die Aufnahmen noch einmal zusammenführen: die Beatles, die er seit ihren Hamburg-Tagen kennt, als er mit seinem „Exi“-Stil ihr Erscheinungsbild beeinflusste und für die er das Collagencover des Albums „Revolver“ schuf, die Manfred Mann Band, als deren Bassist er Hits wie „Mighty Quinn“ einspielte, und 70er-Jahre-Pop-Koryphäen wie Carly Simon und Dr. John. Regisseur Jörg Bundschuh nimmt sich selbst zurück, er lässt den zurückhaltenden Voormann erzählen, der hier manchmal durchaus emotional wird. (OmU, 7.–13. 7. Moviemento)

Man kann darauf wetten, dass jedes Jahr zur Urlaubszeit wieder Jacques Tatis „Die Ferien des Monsieur Hulot“ (1953) auf dem Programm steht. Doch man kann sich die Komödie, sicherlich die lustigste von Tati, auch immer noch einmal ansehen: Wie M. Hulot (Tati) mit linkischem Charme und penetranter Hilfsbereitschaft die Gäste eines französischen Badeortes enerviert, gehört zu den Großtaten der Filmkomik. Sein Tennisspiel ist dabei ebenso unvergesslich wie sein Versuch, ein Faltboot zu streichen. Da es auch in „Die Ferien …“ einmal mehr um Tatis Dauerthema, seinen leicht anarchischen Kampf gegen die Kälte der modernen Welt geht, zeigt er ein Urlaubsleben, das für die meisten Badegäste fast so geregelt abläuft wie sonst das Arbeitsleben. Nur Hulot macht tatsächlich Ferien, was alle anderen allerdings zu stören scheint … (OmU, 13. 7. Filmmuseum Potsdam)

LARS PENNING