Der Halbierer

Das war sein letzter Auftritt. Am kommenden Montag werde er sein Mandat in der Hamburger Bürgerschaft niederlegen, verkündete der CDU-Abgeordnete und ehemalige Erste Bürgermeister Christoph Ahlhaus am Mittwochabend im Parlament. Überraschend kommt der Abschied nicht, nur der Zeitpunkt ist unerwartet.

Seit geraumer Zeit schon konzentriert sich der 45-Jährige auf seinen Job als Rechtsanwalt in Berlin. Gattin Simone, die er in den nur sechseinhalb Monaten seiner Bürgermeisteramtszeit „Fila“ – zärtlich für: First Lady – zu nennen pflegte, und die dreijährige Tochter wohnen bereits in einem Charlottenburger Altbau.

Als Landesgeschäftsführer der CDU war das ehemalige Mitglied der schlagenden studentischen Verbindung „Turnerschaft Ghibellinia“ 2001 von Tübingen nach Hamburg gekommen, Staatsrat und Senator der Innenbehörde wurde er und im August 2010 schließlich beerbte er den Strahlemann Ole von Beust, als der lustlos den schwarz-grünen Chefposten im Rathaus räumte. Seinen wenig charismatischen Nachfolger habe er „keineswegs als Notlösung“ betrachtet, plauderte von Beust 2012 leutselig aus, was nach den ungeschriebenen Gesetzen politischer Rhetorik exakt das Gegenteil bedeutet.

Ahlhaus’ größter Fehler war die Jugendstilvilla in den noblen Elbvororten, 2009 für eine schlappe Million gekauft. Mehr als eine Million an Steuergeldern kosteten die Sicherheitsmaßnahmen: Alarmanlagen, Sicherheitszaun, schusssichere Fenster. Vor einem halben Jahr ließ Ahlhaus das Anwesen für 4,6 Millionen Euro zum Kauf anbieten, und in Hamburg unterstellten ihm manche, er wolle sich eine goldene Nase verdienen. Seit Sommer ist die Villa vermietet.

Seine politische Karriere endete 2011, als der Sozialdemokrat Olaf Scholz die absolute Mehrheit errang, und Ahlhaus mit 21,9 Prozent von Beusts Wahlergebnis halbierte. Seiner Partei gilt Hamburgs kürzester Bürgermeister seitdem als peinlicher Irrtum, niemand weint ihm eine Träne nach.  SVEN-MICHAEL VEIT