Der Trend zur Aufrüstung dauert an

Nach dem gestern vorgelegten Jahresbericht des Friedensforschungsinstituts Sipri steigen die Ausgaben auf 1,204 Milliarden Dollar. Die USA sind wegen Irak und Afghanistan führend. Die Zahl der Kriege liegt im Vergleich zu 2005 unverändert bei 17

Staaten mit Atomwaffen wollen ihre Sprengköpfe modernisieren

AUS STOCKHOLM REINHARD WOLFF

Die weltweiten Rüstungsausgaben steigen weiter an. Laut dem am Montag in der schwedischen Hauptstadt vorgelegten Jahrbuch des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) betrug das Plus im Jahre 2006 mit rund 1,204 Milliarden Dollar 3,5 Prozent gegenüber 2005. Für den Löwenanteil sowohl bei den Ausgaben insgesamt wie bei der Steigerungsrate – hier waren es 62 Prozent – stehen die USA. Aus Washington kommt mit 528 Milliarden fast jeder zweite weltweit für Rüstungszwecke ausgegebene Dollar. Pro Kopf der US-Bevölkerung sind das über 1.756 Dollar. Weltweit beträgt der Pro-Kopf-Anteil etwa 184 Dollar. Sipri sieht als Hauptgrund der Spitzenstellung der USA die Kriege in Afghanistan und Irak. Für den „Krieg gegen den Terrorismus“ habe Washington von 2001 bis 2005 bereits 432 Milliarden Dollar an Rüstungsausgaben aufgewendet. Nach einem Sinken der Militärausgaben in den neunziger Jahren seien diese weltweit seit 2001 wieder angestiegen und würden nun höher liegen als jemals zu Zeiten des „Kalten Kriegs“, heißt es in dem Sipri-Bericht. Umgerechnet auf die vergangenen zehn Jahre betrage die Steigerungsrate 37 Prozent.

Auch beim Waffenhandel führen die USA. Nach den beiden mit Abstand größten Waffenexportländern USA und Russland schob sich nunmehr aber Deutschland noch vor Frankreich auf den dritten Platz. Mit 3,9 Milliarden Dollar im Jahr 2006 verdoppelte die Bundesrepublik ihre Rüstungsexporte gegenüber 2005. Die EU steht dabei für fast ein Drittel der gesamten Rüstungsexporte. Ein Großteil der deutschen wie der US-Waffenexporte gehe in die Krisenregion des Nahen und Mittleren Ostens. China und Indien, die beiden größten Waffenimportländer, versorgten sich vorwiegend in Russland. Global ist der internationale Waffenhandel seit 2002 um 50 Prozent gestiegen.

China hat dem Bericht zufolge bei seinen Rüstungsausgaben 2006 erstmals Japan überholt und steht mit knapp 50 Milliarden Dollar bei diesen Ausgaben nunmehr in Asien an der Spitze und hinter Großbritannien und Frankreich weltweit auf Rang vier. Deutschland liegt hinter Japan, aber vor Russland – so die von Sipri geschätzten Zahlen – auf Platz sechs.

Was die Zahl der Kriege angeht, lag diese im vergangenen Jahr unverändert bei 17. Nach der von Sipri zugrunde gelegten Definition war hierunter kein zwischenstaatlicher Krieg. Das Friedensforschungsinstitut sieht sich damit in der Einschätzung bestätigt, dass die meisten bewaffneten Auseinandersetzungen mittlerweile entweder Terrorismus seien oder „transnationalen“ Charakter hätten. Als Beispiele für Letztere werden Afghanistan, Somalia und der Nahe Osten genannt.

In einem Ausblick warnt Sipri vor der Energieversorgung als möglicher zukünftiger Waffe oder als Anlass für bewaffnete Auseinandersetzungen. Hier gelte es, neue Wege der Kooperation und Konfliktlösung zu finden. Und Sipri konstatiert Bestrebungen in allen Atomwaffenländern, die derzeit weltweit 27.000 Nuklearsprengköpfe zu modernisieren.