Stegner als Super-Integrator

Stolz verweist Innenminister Stegner (SPD) auf die Vorreiterrolle Schleswig-Holsteins bei der Ausländer-Integration. Flüchtlingsrat kritisiert Trennung in erwünschte und unerwünschte Ausländer

von ESTHER GEISSLINGER

Integration von Migranten ist eine gute Sache, wichtig dabei sind Schulen, Sportvereine und Musikgruppen: Klingt banal, doch dass sich alle Bundesländer auf diese Formeln geeinigt haben, ist ein „großer Erfolg“. Sagt der Kieler Innenminister Ralf Stegner, der mit dem nordrhein-westfälischen Integrationsminister Armin Laschet federführend den „Beitrag der Länder zum nationalen Integrationsplan“ mitgestaltet hat. Das 20-seitige Papier wird von allen Länderparlamenten beschlossen und morgen der Kanzlerin überreicht. Gestern passierte das Konzept ohne Widerspruch den Kieler Kabinettstisch.

Stegner erinnerte daran, dass es noch vor wenigen Jahren Streit darüber gegeben habe, ob Deutschland überhaupt ein Einwanderungsland sei und sein solle. Heute sind sich alle Länder einig, dass Integration notwendig sei und als „zentrale gesellschaftliche Zukunftsaufgabe“ verstanden werde. Statt auf einer deutschen Leitkultur und Auswahl per Fragebögen zu beharren, gelte heute allein das Grundgesetz als Wertmaßstab. Schleswig-Holstein habe bei dem Prozess eine Vorreiterrolle eingenommen, sagte Stegner: „Vieles, was Schleswig-Holstein schon lange gut fand, finden nun andere auch gut.“

Das bedeutet aber auch: Der neue Plan wird im Land wenig ändern, auch die Haushalte kaum belasten. Es gibt bereits eine Reihe von Programmen, die Integration zum Ziel haben, etwa im Bereich von Jugendarbeitslosigkeit, bei der Förderung in Schulen oder bei den so genannten Integrationskursen. Auch das Programm „Soziale Stadt“, in dem Stadtviertel mit besonders vielen sozial schwachen Familien gefördert werden, läuft bereits. Neu ist allerdings ein Wohnraumkonzept, mit dem die Wohnsituation von Migranten verbessert werden soll: „Da nimmt das Land Geld in die Hand“, versprach Stegner.

Weitere Schritte für mehr Integration könnten Vereine und Kommunen tun. Ganztagsschulen und Kindertagesstätten spielen in dem Konzept ebenfalls eine wichtige Rolle. Ein Wunsch ist auch, mehr Migranten in den öffentlichen Dienst zu holen, etwa in die Polizei oder in die Schulen: „Daran müssen wir arbeiten.“ Ein langfristiges Ziel sei die Doppelstaatsbürgerschaft – aber im Kabinett zurzeit nicht durchsetzbar.

Für Martin Link vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein geht der Plan allerdings nicht weit genug: „Es wird scharf getrennt zwischen denen, die ein Bleiberecht haben, und denen, deren Status noch ungesichert ist.“ Aber auch in dieser Gruppe fänden sich zahlreiche Menschen, die hoch motiviert und gut ausgebildet seien – die sich also „positiv und im Interesse der Bundesrepublik integrieren könnten, wenn man sie nur ließe“. Diese Menschen würden aber ausgeschlossen. Die Trennung zwischen erwünschten und unerwünschten Zuwandern zeigt sich in konkreten Beispielen, etwa bei der Migrationssozialberatung: Im vergangenen Jahr hatte das Land die Mittel in diesem Bereich deutlich gekürzt.

Dass Schleswig-Holstein im Bundesvergleich ein besonders integrationsfreundliches Land ist, glaubt Link nicht mehr: „Es ist schon auffällig, dass sich gerade in den vergangenen Monaten die Negativ-Schlagzeilen gehäuft haben.“ Unter anderem habe das Land ein Ausreisezentrum eingerichtet, und es gab spektakuläre Ausweisungen. „Wir sehen das mit Sorge“, sagte Link der taz.