Abwickler für Steinkohlebergbau gesucht

Über Vorsitz und Ausrichtung der Steinkohle-Stiftung tobt ein Machtkampf. Vorentscheidung soll heute Abend fallen

DÜSSELDORF taz ■ Wer darf die Abwicklung des Steinkohlebergbaus beaufsichtigen? Aus Kreisen der Bundesregierung heißt es, dass heute Abend im kleinen Kreis Satzung und Zusammensetzung der geheimnisvollen Steinkohlestiftung verabschiedet werden sollen. Über den Vorsitz der Stiftung soll allerdings frühestens im Koalitionsausschuss am Montag entschieden werden. „Alles ist wilde Spekulation“, sagt ein Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Er will nicht ausschließen, dass es heute zu einer Einigung über den Vorsitz kommt. Namen wollte er nicht nennen.

Auf der Suche nach einem Stiftungschef holte sich die Politik bislang nur Absagen ab. Anfang der Woche hatte der CDU-Finanzpolitiker Friedrich Merz abgewunken. Der Rechtsanwalt steht auf der Gehaltsliste des Essener RAG-Konzerns und hat am Entwurf der Stiftungssatzung mitgewirkt. Zuvor war bereits der Ex-WDR-Intendant Fritz Pleitgen ins Gespräch gebracht worden.

Über Zweck und Ausrichtung der Stiftung tobt seit Monaten ein politischer Kampf. Nach Willen der Politik soll die Stiftung ausschließlich die Abwicklung der Steinkohle bis zum Jahr 2018 organisieren. Das Stiftungskapital soll danach zur Deckung der so genannten Ewigkeitskosten, die vor allem durch Pensionen und Bergschäden entstehen, benutzt werden. Das Geld hierfür kommt aus dem Börsengang des Essener Mischkonzerns RAG. Die ehemalige Ruhrkohle AG will im Frühjahr 2008 mit dem so genannten „weißen Bereich“, bestehend aus den Sparten Chemie, Energie und Immobilien, an die Börse. Der Erlös soll bei mindestens 5,1 Milliarden Euro liegen.

Voraussetzung hierfür ist allerdings die Gründung der Steinkohlestiftung. Ursprünglich sollte RAG-Chef Werner Müller deren Vorsitz übernehmen. Der ehemalige Wirtschaftsminister Schröders wollte mit der Stiftung zudem aktive Wirtschaftspolitik betreiben. Eine Sperrminorität an der börsennotierten RAG zum Schutz vor feindlichen Übernahmen war im Satzungsentwurf vorgesehen. Zudem sollte sich die Stiftung an anderen Unternehmen beteiligen und auch als Sponsor für Kultur und Sport auftreten können.

Das Vorhaben scheiterte vor allem am Widerstand der schwarzgelben Landesregierung in NRW. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hatte Angst, dass die Stiftung das Kapital verpulvert und das Land so auf den Altlasten des Bergbaus hängen bleibt. Er sprach sich gegen Müller aus. Stattdessen soll dieser nun Chef der neuen RAG werden.

Das Kuratorium der Stiftung soll aus 11 Mitgliedern bestehen. Fix sind Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Finanzminister Peer Steinbrück (SDP), die Christdemokraten Peter Müller und Jürgen Rüttgers als Ministerpräsidenten der Kohleländer Saarland und NRW sowie der IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt. Die restlichen 6 Mitglieder sollen gewählt werden. Die Gewerkschaft beansprucht dabei 2 Sitze, das Land NRW 4, und der Bund will auch noch mitreden. „Die Entscheidung über die Zusammensetzung wird die Ausrichtung der Stiftung bestimmen“, sagt IG-BCE-Sprecher Christoph Meer. Sollten sich Bund und Länder durchsetzen, dürfte die Stiftung tatsächlich zum Konkursverwalter der Steinkohle werden.HOLGER PAULER