„Gefährlicher als AKWs“

VORTRAG Klima-Aktivisten kritisieren Förderung von Braunkohle und fordern eine andere Energiewende

■ 40, ist freiberufliche Referentin und Aktivistin bei der Kampagne „ausgeCO2hlt“.

taz: Frau Häußermann, was spricht gegen neue Windräder?

Dorothee Häußermann: Nichts, aber die Debatte um regenerative Energie führt in die falsche Richtung. Obwohl wir einen Zuwachs an erneuerbarer Energie haben, steigen die Emissionen. Das heißt für mich: Ein Ja zur Windkraft reicht nicht. Es muss auch ein Nein zur Braunkohle folgen. Und die produzierte Energie muss auch anders verbraucht werden als bisher.

Sie meinen unser Konsumverhalten?

Natürlich muss man auch als Verbraucher aktiv werden. Aber auf persönlicher Ebene ist man damit schnell überfordert, solange die Strukturen dagegen arbeiten. Wenn etwa Bahnfahrten teurer als manche Flüge sind.

Gegen Atomenergie gehen Tausende auf die Straße. Warum ist das bei Kohle anders?

Das Feindbild ist nicht so populär. Es gibt zwar seit einer Weile Klima-Demos, auf denen gemeinsam gegen beides protestiert wird, aber Anti-AKW ist immer noch deutlich größer. Braunkohle macht keinen Supergau wie Fukushima und viele Leute denken darum immer noch, dass AKWs gefährlicher sind.

Und das ist nicht der Fall?

Ich will die Probleme nicht gegeneinander ausspielen – das sind Teufel und Beelzebub und wir sind gegen beides. Trotzdem: Wenn man es durchrechnet, sterben jetzt schon mehr Menschen an den Folgen des Tagebaus. Und wenn das Klima erst kippt, bleibt es nicht bei zwei oder vier Grad stehen. Vor diesen Veränderungen, die unseren Planeten für Zeitalter verändern, würde ich schon sagen, dass Kohleabbau gefährlicher als AKWs ist.

Und warum sind wir dann nicht längst ausgestiegen?

Zum einen ist da die Sorge um Arbeitsplätze. Gewerkschaften und SPD sprechen sich aktiv für Kohle aus. Dazu kommen natürlich die Lobbyisten der Wirtschaft. Die habe die fossilen Reserven in ihren Büchern verplant. Das Geschäft ist einfach zu profitabel. INTERVIEW: JPK

19.30 Uhr, Villa Ichon