Günthner gegen Rekommunalisierung

MÜLL Im internen Streit um Müll-Rekommunalisierung steht der Wirtschaftssenator zur Firma Nehlsen

Im Falle einer vollständigen Rekommunalisierung würden die Mehrwertsteuer und der Unternehmergewinn eingespart

Am Dienstag beraten Vertreter des Senats erneut über die Frage der Müllabfuhr. Vollständige, 25 Prozent oder gar keine Rekommunalisierung im Jahre 2018, das ist die Streitfrage.

„Die Ausschreibung von Entsorgungsleistungen (ohne Joint Venture) wäre voraussichtlich mit den geringsten wirtschaftlichen Risiken behaftet“, erklärt dazu Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) in einem internen Papier. Begründung: Die Müllabfuhr müsste keine Tariflöhne zahlen. Auf einer SPD-Versammlung hat Nehlsen-Geschäftsführer Hans-Dieter Wilcken Ende Oktober die Genossen daran erinnert, warum seine Firma bisher Ausschreibungen gewonnen hat: „Das hätten wir nicht, wenn wir die Löhne aus dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes zugrunde hätten legen müssen.“

Klar ist für die Juristen des Senats: Tariflöhne dürfen nicht als Bedingung in eine Ausschreibung hineingeschrieben werden. Der Bieter, der Tariflöhne zahlt, hat also Nachteile bei einer Ausschreibung – insbesondere dann, wenn er wie Nehlsen 300 Müllwerker bezahlen muss, die nach Tarifen des öffentlichen Dienstes bezahlt werden müssen, weil sie vor 1998 bei der Kommune eingestellt wurden. Der Wirtschaftssenator geht davon aus, dass Nehlsen dennoch „aufgrund seiner strukturellen Vorteile (Grundstücke, Fahrzeuge, Behälter, Know-how etc.)“ gute Chance hat, die Ausschreibung zu gewinnen. Wilcken sieht das genauso: „Wenn der Wille und ein Wunschpartner da ist, dann kann man den am Ende einer Ausschreibung auch haben.“

In seinen internen Beratungspapieren rechnet der Wirtschaftssenator für den Fall einer Rekommunalisierung mit 60 Millionen Euro Investitionskosten. Das ist eine stolze Summe – Günthner unterschlägt aber, dass die Müllgebührenzahler auch für Nehlsen die Investitionen finanzieren mussten inklusive des 1998 bezahlten Kaufpreises von 107 Millionen Euro. 60 Millionen Euro, umgelegt auf zehn Jahre, wären also eher wenig.

Im Falle einer vollständigen Rekommunalisierung käme hinzu, dass die Mehrwertsteuer und der Unternehmergewinn eingespart würden. Diese rund 10 Millionen Euro pro Jahr Summe würden nicht eingespart bei dem Modell einer 25-Prozent-Beteiligung an einer privaten Müllentsorgungs-Firma. Wenn die Kommune dann Einfluss nehmen, also beispielsweise faire Löhne durchsetzen wollte, würde das die Müllgebühren nach oben treiben.  Klaus Wolschner