Das kann doch nicht Boulevard sein

Was ist Boulevardjournalismus?

Martin Welker (51), Medienforscher: „Antiaufklärerischer, instinktbasierter Journalismus. Im eigentlichen Sinne des Wortes: Gossenjournalismus.“

Kai Diekmann (50), Bild-Chefredakteur: „Boulevardjournalismus wird für ein Millionenpublikum gemacht, nicht für die Eliten auf der Empore guten Geschmacks.“

Ines Pohl (47), taz-Chefredakteuerin: „Boulevardesk sein heißt Erregung erzeugen. Nichts gegen Erregung, auch nicht im Journalismus, wenn sie kein Selbstzweck ist, sondern die Provokationen im Dienste der Aufklärung stehen.“

Wer liest Boulevardzeitungen?

Beispiel Bild und B.Z.: Zwei Drittel Männer, ein Drittel Frauen. 6 Prozent der Leserschaft ist unter 30, ein Viertel ist in Rente. 43 Prozent der Leser haben Hauptschule und Lehre abgeschlossen, 7 Prozent sind Akademiker – Boulevard erreicht quasi alle. (Quelle: Axel Springer AG)

Wie gut verkauft sich Boulevard?

Bild verkaufte im vorigen Quartal 2,43 Millionen Exemplare. Die anderen Boulevardblätter erscheinen nur regional: Express (Köln, 147.000), tz (München, 130.000), Berliner Kurier (95.000), Hamburger Morgenpost (94.000), Morgenpost Sachsen (Dresden, 83.000). Die Zahlen der Springer-Zeitungen Bild und B.Z. werden zusammen erfasst. (Angaben für Mo.–Sa.; Quelle: IVW)

Wann entstand die Boulevardpresse?

Im Oktober 1904 erscheint die B.Z. am Mittag. Sie ist die erste deutsche Zeitung, die auf der Straße verkauft wird – das war lange Zeit verboten! Der Anspruch: unterhaltsam, aktuell, für jedermann.

Wie viel Macht hat die Boulevardpresse?

Wer mit der Bild im Aufzug hochfahre, fahre auch wieder mit ihr runter, so Mathias Döpfner (51, Springer-Verlag). Und das wissen Wulff, Stoiber & Co! „In erster Linie macht sie Politik. Und zu diesem Zweck macht sie auch Politiker und baut sie auch wieder ab“, sagt Gregor Gysi (66, Die Linke). Sie ist die zweitgrößte Zeitung Europas und gehört zu den zehn größten Zeitungen der Welt.

SOPHIE BAUER, DMITRIJ DIREKTOR, TARIK KEMPER