genomforschung
: Junk-DNA ist kein Müll

Das mit den Genen sei alles weitaus komplizierter, als man sich das vor ein bis zwei Jahren noch vorgestellt habe, resümiert der Professor für Bioinformatik Peter Stadler vom Fraunhofer Institut in Leipzig. Ein aus über 35 Forschungsorganisationen bestehendes Konsortion mit Namen Encode hat herausgefunden, dass die Vorschrift „ein Gen ergibt ein Produkt“ nicht mehr gilt. Diese jetzt in den Fachjournalen Nature und Genome Research veröffentlichte Erkenntnis ist zwar nicht ganz so neu. Spätestens nachdem man im menschlichem Genom lediglich nur rund 30.000 Gene fand, war klar, dass das nicht alles sein kann. Zwar wurden in den letzten Jahren zunehmend neue genetische Regler gefunden, aber einfacher wurde es damit für die Genomforscher nicht. Ganz im Gegenteil, die Funktion des Systems DNA wurde mit den neuen Erkenntnissen immer komplexer. Das Encode-Konsortium fand jetzt auch heraus, dass entgegen der früheren Annahme die Schalter für das Ablesen von Genen diesen nicht nur vorgeschaltet, sondern auch dahinter zu finden sind. Neu ist auch das Ergebnis, dass das, was von den Genomforschern in der Vergangenheit häufig als Junk-DNA bezeichnet wurde, nicht einfach nur Müll ist. Diese Sequenzen werden in den Zellen auch abgelesen. Sie müssen also eine Funktion haben. Bei seinen Untersuchungen hat sich das Forschungskonsortium vor allem auf 44 DNA-Regionen konzentriert. Das sind nur etwa ein Prozent des menschlichen Genoms. Weitere Überraschungen sind somit nicht ausgeschlossen.

WOLFGANG LÖHR