„Da entsteht ein Teufelskreis“

TEILHABE Das Bündnis gegen Rotstift will mehr Personal in der Jugend und Bildungsarbeit

■ 55, Sozialpädagogin und Fachbereichsleiterin bei Ver.di für den öffentlichen Dienst, spricht bei der Auftaktkundgebung.

taz: Frau Frieß, was ist das Bündnis gegen Rotstift?

Sieglinde Frieß: Ein Bündnis von Menschen, die in der sozialen Arbeit und Bildung arbeiten: Menschen aus der offenen Kinder und Jugendarbeit, die Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit, die Gewerkschaften Ver.di und GEW, die studentischen Asten…

Und wofür demonstrieren Sie alle heute?

Wir wollen auf die Situation dieser Bereiche aufmerksam machen und dafür eintreten, dass es mehr Personal und bessere Unterstützung für soziale und bildungspolitische Arbeit gibt.

Wieso fällt Ihnen das jetzt plötzlich ein?

Das fällt uns nicht plötzlich ein. Wir haben schon im Frühjahr eine Konferenz zu diesem Thema gemacht. Besonders der Allgemeine Soziale Dienst ASD stand ja durch den Tod von Yagmur im Fokus der Öffentlichkeit. Schon da haben wir gesagt, dass man mehr Personal braucht, um Kindern wirklich zu helfen.

Warum nehmen auch Studentenvertreter an der Demo teil?

Weil sie zeigen möchten, dass man unter den derzeitigen Bedingungen nicht ordentlich studieren kann: Die Vorlesungssäle sind alt und es fehlt Personal.

Aber wegen der Schuldenbremse muss überall gespart werden.

Ja, aber weil die gesetzlichen Aufgaben für die Sozialbehörde immer mehr werden, hat der Senat beschlossen, den Etat für die offene Sozialarbeit – Kinder, Jugend, Bildungsprojekte, die auf freiwilliger Basis Beratung, Treffs und Ähnliches anbieten – nicht aufzustocken.

Die Pflichtaufgaben – Hilfen zur Erziehung etwa – haben in der Tat Vorrang.

Natürlich muss man jungen Menschen in akuter Not helfen. Wenn man aber parallel den freiwilligen Angeboten, die präventiv arbeiten und diese akute Not ja gerade verhindern sollen, Geld kürzt, entsteht ein Teufelskreis.

Wo sollte man stattdessen kürzen?

Einerseits kann man den Sinn dieser hausgemachten Schuldenbremse, die eine echte Aufstockung des Sozialhaushalts verhindert, infrage stellen. Andererseits muss man schauen, welche Schwerpunkte man innerhalb der Schuldenbremse setzt. Denn wenn man sieht, dass der Senat mal eben eine 50 Millionen teure Olympia-Bewerbung – ein Glitzer-Projekt – aus dem Boden stampft, dem Bürgerzentrum Nettelnburg aber 20.000 Euro streicht, ist das schon hart.

INTERVIEW: PS

Demonstration des Bündnisses gegen Rotstift: 16.30 Uhr, Jungfernstieg (Reesendammbrücke). Danach über den Gänsemarkt zur Uni