KURZKRITIK: ANDREAS SCHNELL ÜBER WASSERGERÄUSCH
: Der Zorn des Bürokraten

Auch das Tanzfestival „Africtions“ kommt nicht am Thema Flucht vorbei, in dessen Rahmen am Montag Marco Martinellis „Wassergeräusch“ als deutsche Erstaufführung zu sehen war. Der Autor hat sein Stück im Haus der Shakespeare-Company am Leibnizplatz selbst in Szene gesetzt, als Monolog mit Musik, minimalistisch, spröde – aber Wellness-Theater wäre ja auch nicht angebracht, wo es tausende Tote gibt und noch mehr Überlebende, deren Träume von ein bisschen Geld für die Familie daheim zerstört werden.

Auf die Bühne, lediglich mit einem Podest mit Mikrofon in der Mitte und einer Bank an der Rückseite ausgestattet, schickt Martinelli drei Musiker, aufs Podest Michael Meyer, mit verspiegelter Sonnenbrille und Uniform. Als Charaktermaske des Bürokraten verliest er Zahlen – und echauffiert sich. Nicht über das Elend, sondern über die da oben, die ihm zu wenig zahlen, über Fische, die an den Leichen nagen und über unleserliche Papiere. Nichts als Scherereien. So steht er da und zetert und schimpft.

Und liefert en passant die Geschichten dahinter, die Gründe, die Schicksale, wobei die drei Musiker immer wieder eingreifen, mit Gesang, allerlei Perkussionsinstrumenten, Daumenklavier und Balafon. Sie sind das Unverstandene, Fremde, dem – ausgerechnet! – der zynische Technokrat eine Biografie gibt, mitsamt deren Zerstörung. Theater als moralische Anstalt. Da darf man über ein wenig eher peinliche Poesie hinwegsehen.

12. & 28. 11., 16. 12., 19.30 Uhr sowie 7. 12., 18 Uhr, Theater am Leibnizplatz