Darüber reden hilft

Beschäftigte im Sozialwesen sind oft krank. In ihrem Altenheim in der Vahr erprobt die Arbeiterwohlfahrt bessere Bedingungen fürs Personal: Die Fehlzeiten haben sich halbiert

von Catharina Oppitz

Arbeit im Wohlfahrtswesen macht krank. So lässt sich das Ergebnis einer Studie der Bundesgenossenschaft für Gesundheitsdienst resümieren: Rund 40 Prozent aller Beschäftigten in der Altenpflege leiden unter Rückenbeschwerden, jeder Fünfte denkt ans Aufhören. Und während anderswo Fehlzeiten von sechs Prozent üblich sind, sind Pflegekräfte im Schnitt über 21 Tage im Jahr krank. Ein Pilot-Projekt zur Gesundheitsförderung im Heinrich-Albertz-Haus in der Vahr soll Abhilfe schaffen.

Und es wirkt: Auch hier gab es vor Beginn des Projektes Fehlzeiten von elf Prozent, nach knapp einem Jahr liegen sie bei vier Prozent. „Viele der Maßnahmen werden nach Ablauf der Projektphase nicht mehr so intensiv durchgeführt werden“, so Doris Fuhrmann, bei der Arbeiterwohlfahrt Referatsleiterin für stationäre Altenhilfe „aber wir setzen auf Nachhaltigkeit“.

Zunächst wurde die aktuelle Situation des Pflegepersonals im Albertz-Haus analysiert. Pflegewissenschaftlerin Martina Roes und Pflegeleitungs-Expertin Ines Wulff haben die Problemfelder Kommunikation, Gesundheitsförderung, herausfordernde Pflegesituationen und allgemeine Arbeitsbedingungen abgefragt. Ergebnis: Handlungsbedarf besteht in allen Bereichen der Kommunikation. „Wir wollen das Miteinander fördern“, sagt Heimleiterin Katja Seidel. Oft sei das Gefühl, die gestellten Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt zu bekommen, rein subjektiv. Der Austausch im Kollegenkreis könne das Gefühl vermitteln, nicht allein mit seinem Problem zu sein.

Die Einrichtung in der Vahr betreut 108 Patienten, das Personal besteht zu fast 100 Prozent aus Frauen. „Pflege ist ein klassischer Frauenberuf“, so die Heimleiterin. Da die Mehrheit der Beschäftigten älter ist als 50 Jahre, stehen weniger Fragen zur Kinderbetreuung trotz Vollzeittätigkeit im Vordergrund des Interesses, sondern eher Möglichkeiten der Gesundheitsförderung. „Wer unter Stress steht, isst häufig nicht ausgewogen und nach Feierabend wird kein Sport mehr getrieben“ so Seidel. Grund: Man ist zu erschöpft. Das AWO-Projekt bietet nun unterschiedliche Sportprogramme an: Nordic Walking oder Qigong im Kreise der Kolleginnen. Das Angebot wurde speziell am Bedarf des Pflegepersonals ausgerichtet. So seien Raucherentwöhnungsprogramme nicht gewünscht gewesen. Gefragt dagegen: Kurse zum rückenschonenden Arbeiten. „Über die Jahre schleichen sich auch bei ausgebildetem Pflegepersonal Fehler in der Haltung ein“, so Seidel.