Musik für 15 Euro

Aus der Not einen Anreiz gemacht: Um ihr Album produzieren zu können, hat die Bremer Jazzband „Das Wilde Fest“ sich Paten gesucht – mit einigem Erfolg. Als nächstes soll das Single-Abonnement kommen

Dirk Paliga arbeitet in der Wirtschaft. Allerdings in einer, an der einem alten Witz zufolge kein Musiker vorbeigeht. Eines Abends machte ihm dort der Stammgast Ralf Benesch ein Angebot, dass Paliga nicht ablehnen konnte. Benesch ist Musiker und war auf der Suche nach Paten für seine Profession. Oder genauer: nach Menschen, die die Patenschaft für das neue Album seiner Band „Das Wilde Fest“ übernehmen.

„Wir kennen uns schon länger und ich verfolge, was Ralf macht“, sagt Paliga. „Als er mit der Idee kam, hab ich sofort ja gesagt. Ich finde es gut, dass man teilhaben kann; nicht einfach stumpf eine Platte zu kaufen, sondern involviert zu sein. Ich habe dann die Patenschaft für ein Stück übernommen.“ Wofür er Geld und Namen hergibt, das weiß der Pate „ansatzweise“: Er habe sich die Stücke angeguckt, erzählt Paliga. Auf ihrer Internetseite hatte „Das Wilde Fest“ kurze Beschreibungen der Stücke und die Partituren hinterlegt. „Ich habe früher Klavier gelernt und konnte mir zumindest die Tenorsaxofonstimme vorspielen“, so Paliga. „Dann hab ich mir ein Stück rausgesucht, das zu mir passt.“ Sein Titel: „Herr Ober“. Laut Ralf Benesch der absolute Favorit der Paten. „Alles Gastronomen“, sagt der Mittvierziger lachend.

Ob man für ein paar Takte, ein ganzes Stück, einzelne Musiker oder gleich die ganze Band eine Patenschaft übernehmen wollte, machte dabei keinen Unterschied, jedenfalls nicht finanziell: Zum Einheitspreis von 15 Euro bekamen die Paten die CD „Run!“ nach Fertigstellung zugeschickt und fanden im Booklet ihren Namen wieder. Für zehn investierte Euro mehr gab es zusätzlich freien Eintritt für das Release-Konzert in Bremen. „Das ganze soll ein Spaß sein“, sagt Benesch. „Ein kleines Spiel, um einen Anreiz zu geben.“

Aber das Spiel hat natürlich einen ernsten Hintergrund: Jazz wird von der öffentlichen Hand nur noch marginal gefördert, und bis auf wenige Superstars kann kein Jazzmusiker von seinen Plattenverkäufen leben. Da sei die Idee mit der Patenschaft „schon aus der Not geboren“, sagt Benesch, der bei „Das Wilde Fest“ Saxofon und Gitarre spielt sowie singt. Zuerst habe er an an Gutscheine gedacht, „aber das fand ich langweilig“. Auch Aktien waren im Gespräch, „aber Aktie ist ein scheißkapitalistischer Begriff, das haben wir sofort verneint“. Ein Freund hatte dann die Idee mit der Patenschaft.

Und immerhin: Bis zur Drucklegung des CD-Booklets waren rund 1.000 Euro zusammengekommen – ein Viertel der Produktionskosten. „Manche Leute haben auch mehr gegeben“, weiß Benesch. „Einer sogar 125 Euro.“ Sein nächstes Projekt ist übrigens eine monatliche Reihe von CD-Singles, die ab Oktober abonniert werden können. Um Ideen ist er wirklich nicht verlegen. ANDREAS SCHNELL

www.daswildefest.de