Neues über Bunker

VORTRAG Macher des neuen Kulturbunkers lassen sich über die Geschichte ihrer „Location“ aufklären

■ ist Historikerin an der Universität Bremen und veröffentlichte zusammen mit René Ott „Bremen im Dritten Reich“, das Standardwerk über die Stadtgeschichte im Nationalsozialismus.

taz: Frau Marszolek, Sie sprechen heute über „Die Rolle der Bunker im Gedächtnis der Stadt“. In diesem „Gedächtnis“ ist meist nicht enthalten, dass die meisten Bunker von Zwangsarbeitern gebaut wurden. Gilt das auch für den neuerdings als Kulturbunker genutzten Bau in der Berliner Straße?

Inge Marszolek: So detailliert ist das bislang nicht erforscht. Der Bunkerbau wurde von der „Organisation Todt“ und vom städtischen Bauamt organisiert, die dafür in der Tat zunehmend Zwangsarbeiter einsetzten. Sie waren in zahlreichen Lagern untergebracht, größeren und kleineren, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilten.

Dann gab es solche Lager also nicht nur um den „Valentin“ herum oder die berüchtigten „wilden KZ“ im Gröpelinger Schützenhof oder den Mißler-Hallen?

Aber nein! Auf dem Teerhof war beispielsweise ein Zwangsarbeiter-Lager, aber auch auf zahlreichen Firmengeländen überall in der Stadt. Von dort aus wurden die Arbeitertrupps unter Bewachung zu den einzelnen Bunkerbaustellen gebracht.

Gibt es eine Karte, auf der die verschiedenen Bremer Lager – ob KZ oder Zwangsarbeiter – eingezeichnet sind?

Nein, die Mühe hat sich noch niemand gemacht, es existiert auch noch gar keine vollständige Übersicht. Viele denken ja, in Bezug auf den Nationalsozialismus sei mehr oder weniger alles erforscht, aber das ist ein Irrtum. Gleichzeitig wird es zunehmend schwieriger, Studierende für NS-Forschungsvorhaben zu gewinnen.

Was wissen Sie nichtsdestoweniger über die Verteilung der gut 300 Erd- und Hochbunker im Stadtgebiet?

Es ist auffällig, dass bürgerliche Stadtteile wie Schwachhausen wesentlich mehr Bunker bekamen als andere. Als allerdings der U-Boot-Bunker „Valentin“ immer wichtiger wurde, ging das überall zu Lasten des Zivilschutz-Programms: Die Arbeitskräfte wurden um den „Valentin“ herum konzentriert.

Interview: HENNING BLEYL

Vortrag: 19.30 Uhr im Bunker Berliner Straße. Anschließend wird ein Bunker-Film von Nina Bittcher und taz-Volontär Jean-Philipp Baeck gezeigt