Gehet hin nach Hasloh und mehret euch

FACEBOOK Nicht nur Teenies, auch CDU-Kreisverbände tappen in die Facebook-Partyfalle. Dabei hatten die Christdemokraten gerade noch ein Verbot gefordert. In Pinneberg wurde jetzt ein Sommerfest abgesagt

Mit über 2.700 „Zusagen“ hat die Hasloher CDU wohl kaum gerechnet

Die Volkspartei CDU ist kein 16-jähriger Teenager, möchte man meinen. Man möchte auch meinen, dass ihre Medienkompetenz so weit reichen sollte, zu wissen, dass man eine Veranstaltung auf Facebook erstellen kann, ohne die ganze Welt mit einzuladen. Doch der CDU-Ortsverband in Hasloh (Kreis Pinneberg) hat denselben Fehler gemacht wie die 16-jährige Thessa aus Hamburg-Bramfeld: Er hat für sein Sommerfest auf „öffentliche Veranstaltung“ geklickt – und vergessen, dass „öffentlich“ in der weiten Netzwelt eben etwas anderes bedeutet als in der 3.000-Seelen-Gemeinde Hasloh.

Mit über 2.700 „Zusagen“ hat die Hasloher CDU wohl kaum gerechnet. Neben den mittlerweile üblichen Rufen nach Freibier, sind die Kommentare zu diesem medialen Fauxpas voller Häme. „hey Dagmar! Ich hab schon all meinen Freunden Bescheid gesagt (CDU-Sympathisanten) ... geht das klar, dass wir bei dir pennen (50-60 Leute nur)?“, schreibt einer. „schön, bitte +1!“ und „ich komme mit meinem Leopard 2 PartyPanzer!“ zwei weitere.

Vor einer Woche hatte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) gefordert, bei Facebook-Partys „konsequent durchzugreifen“ und Jugendliche über die Gefahren im Internet aufzuklären. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sprach sich für einen „Internet-Führerschein“ aus. Aussagen, die wohl diesen enormen Zulauf zu Sommerfesten der CDU hervorgerufen haben. In ganz Deutschland klagen CDU-Ortsverbände im Vorfeld über ungebetene Gäste. Wie sich nun zeigt, sind es nicht nur Jugendliche, die lernen müssen, mit neuen Medien umzugehen.

Die Hasloher CDU verschläft ihre ungewollte Popularität zunächst. Sie ist genauso wenig zu erreichen wie der Gemeinderat. Am Dienstagnachmittag rührt sie sich dann doch – und sagt ihr Sommerfest für dieses Jahr ab. „Das hat sich gestern Abend so rasant entwickelt, dass wir keine andere Möglichkeit gesehen haben“, sagt ihr Sprecher Michael Witt der taz. Die vielen Zusagen seien eine „Aufforderung zum Hausfriedensbruch“. Im Internet „und diesen ganzen Foren“ kenne er sich nicht aus, sagt Witt, aber die Facebook-Aktion sei für ihn ein herber Vertrauensbruch. „Wir haben keinen Fehler gemacht, sondern all diejenigen, die ein Missgeschick eines anderen ausnutzen.“ Dabei habe ein Ehepaar sogar seine Reiterscheune für das Fest zur Verfügung gestellt. Soviel ist sicher: Eine öffentliche Facebook-Veranstaltung, „sowas werden wir nicht mehr machen“. Die Hasloher CDU-Chefin Dagmar Steiner hatte die öffentliche Veranstaltung auf Facebook erstellt. Sie sei nicht zu sprechen, „im Urlaub“.

Ein Missgeschick also, kein Fehler. Die örtliche Polizei sieht das anders: Für ausufernde Partys sei der Veranstalter verantwortlich und müsse deshalb auch für Kosten von Vandalismus oder Müllentsorgung aufkommen. Trotz der Absage beobachtet die Polizei jetzt gemeinsam mit dem Ordnungsamt den Fall weiter. Schließlich wurde Thessas Party auch abgesagt. Die Bilanz: Verwüstete Vorgärten, brennende Mülleimer, zerstörte Zäune. Gekommen sind 1.200 Menschen, elf wurden festgenommen. EMILIA SMECHOWSKI