Endlich gute Pommes

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Fast Food in Kreuzberg? Die Bio-Vegetarier vom Yellow Sunshine machen das Undenkbare möglich

Bei der Erwähnung des Wortes „Systemgastronomie“ schwappt so manchem die Magensäure hoch. Systemgastronomen sind nämlich nach gängiger Meinung die Bösewichte des Gastgewerbes. Diejenigen, die schlechte Qualität in gleich bleibendem Standard werbeintensiv unter die Leute bringen. In Berlin-Kreuzberg ist die Systemgastronomiedichte gering, wenn auch steigend. Ein Burger-Brater aber findet im Kiez an der Wiener Straße die Anerkennung von Touristen und Anwohnern: Es ist das Yellow Sunshine, nach eigenen Angaben Deutschlands erstes Bio-Fast-Food-Restaurant. Besonders daran ist nicht nur die Bio-Zertifizierung, sondern auch, dass hier zwischen die laffen Brötchen ausschließlich vegetarische Buletten kommen.

Wahrscheinlich liegt es an dieser Identitätsstiftenden Auslassung, dass die Gäste, die an der befahrenden, aber anheimelnden Wiener Straße vor dem Lokal sitzen, nicht nach üblicher anämischer Imbiss-Klientel aussehen. Dreadlockträger, Zeitungsleser und fremdsprachige Touristen nippen an der Bionade Forte und warten im Schatten darauf, dass eine Ansage durch den Lautsprecher scheppert und ihnen mitteilt, dass ihr Gericht fertig ist.

Die Burger können mit Salat und Pommes Frites zum Menü aufgepeppt werden. Der Salat mit Joghurtdressing erweist sich schnell als überflüssig, nimmt er doch nur wertvollen Platz auf dem Teller ein, der besser mit den hervorragenden Bio-Pommes gefüllt wird. Die schmecken nicht wegen der weltanschaulich einwandfreien Zutaten gut, sondern aufgrund ihrer Zubereitung. Die dünnen Yellow-Sunshine-Pommes kommen in die holländische Fritteuse, aber erst nach Vorfrittierung und Zwischenlagerung im Frittenfach. Dieser Umweg gibt ihnen den nötigen Biss und wird in jeder holländischen Frittenhölle praktiziert. Die Burger, leider nicht im Yellow Sunshine hergestellt, sondern Fertigprodukte aus dem Großhandel, befriedigen bei Vegetariern die Lust auf Herzhaftes. Auch als Fleischesser fühlt man sich nicht abgespeist, sondern genießt beim Mexican Burger mit Erdnusssoße den leichten Maisgeschmack des Brätlings. Die Zeiten des Press-Ersatzes sind glücklicherweise vorbei.

Auch wenn man beim Yellow Sunshine in den Klauen der Systemgastronomie gelandet ist, in einer Pinte, die ihr Konzept für Geld verkauft – hier steht der Chef noch selbst an der Fritteuse. Die einzige andere Filiale liegt in Prenzlauer Berg. Üble Systemgastronomen sehen anders aus, auch in Berlin-Kreuzberg.

YELLOW SUNSHINE, Wiener Str. 19, 10999 Berlin-Kreuzberg, (030) 69 59 87 20, www.yellow-sunshine.com, Mo.–Do. 12–24 Uhr, Fr.–So. 12–1 Uhr, U-Bahn Görlitzer Bahnhof, Cola € 1,90, Caffe Latte (vegan möglich) € 2,20, Burger ab € 3,39