Dorfläden sind keine Finanzprodukte

GELD Gesetzentwurf zum Schutz von Kleinanlegern in der Kritik: Verbraucherschützer fordern komplettes Werbeverbot, Grüne wollen Verbesserung für Bürgerprojekte

BERLIN taz | Die Zinsen tendieren gen null – da klingen die 8 Prozent Rendite, die ein Aufkleber in der U-Bahn verspricht, verlockend. Derartige Werbung soll es bald nicht mehr geben. Das Kleinanlegerschutzgesetz, das am Mittwoch das Kabinett passierte, will Werbung für Produkte des Grauen Kapitalmarkts in Bussen und Bahnen verbieten. In Medien allgemein ist sie nur noch mit einem Warnhinweis erlaubt, in Radio und Fernsehen nur noch dort, wo es „zumindest gelegentlich“ auch um Wirtschaftsthemen geht.

Das Gesetz ist die Konsequenz aus der Pleite des Windkraftprojektierers Prokon, durch die 75.000 Genussscheinkäufer um einen Großteil ihrer Einlagen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro gebracht werden. Auch andere Kleinanleger verlieren im bislang unregulierten Grauen Kapitalmarkt regelmäßig Geld. Deshalb müssen Anbieter und Vermittler künftig mehr, bessere und aktuellere Informationen über ihre Produkte veröffentlichen. Die – kostspielige – Prospektpflicht wird ausgedehnt, allerdings gibt es Ausnahmen für das Sammeln kleinerer Beträge per Internet („Crowdfunding“), für soziale und gemeinnützige Projekte sowie Genossenschaften. Verstöße können von der Finanzaufsicht Bafin mit einem Vertriebsverbot belegt werden. Dass die Bafin damit Kompetenzen im Verbraucherschutz erhält, lobte der Verbraucherzentrale Bundesverband ausdrücklich. Allerdings: Ein komplettes Werbeverbot wäre besser gewesen, hieß es in einer Mitteilung.

Die Grünen sehen „Licht und Schatten“ in dem Gesetzentwurf. Sie lobten, dass Bürgerprojekte von der Prospektpflicht ausgenommen sind. Über den Schwellenwert von 1 Millionen Euro müsse aber „noch diskutiert werden“. Dorfläden, Schul- oder Wohnprojekte dürften „nicht wie Finanzprodukte von renditeorientierten Emittenten behandelt werden“. KAI SCHÖNEBERG