Eingewanderte Ernährungspflanzen

betr.: „Kartoffelklau auf dem Gleisdreieck“, taz vom 9. 6. 07

Das Wichtigste ist momentan, dass die Interkulturellen Gärten auf dem Gleisdreieck dort bleiben können, wo sie jetzt sind. Derzeit plant der Senat, die Interkulturellen Gärten zugunsten eines Bolzplatzes und einer repräsentative „Kreuzberger Wiese“ an den Rand zu drängen und so zu marginalisieren, etwa in eine dunkle Ecke an der abgasgeschwängerten Yorckstraße. Die große Gruppe der bosnischen Frauen in den Interkulturellen Gärten auf dem Gleisdreieck müssten damit einen zusätzlichen Fußweg von 15 Minuten zu ihrem Zentrum „Südosteuropa Kultur e. V.“ am Landwehrkanal einrechnen. Dort haben sie ihren Sprachunterricht und ihre Therapien. Einige der bosnischen Gärtnerinnen sind schon älter, andere haben schwere Kriegstraumata, haben kaum Geld für spezielle ärztliche Therapien und können nicht mehr gut laufen. Für sie ist es wichtig, nicht schon wieder aus einem vertrauten Ort vertrieben zu werden. Zumal es bei den Interkulturellen Gärten nicht zuletzt auch darum geht, die lebendige Vielfalt in der Stadt, die Einwanderer und Flüchtlinge sichtbar zu machen.

Auf dem Gleisdreieck sind viele Gruppen aktiv, vor allem arbeiten hier drei NGO zusammen, nämlich die Parkgenossenschaft Gleisdreieck (AG Gleisdreieck), der „Verein Südosteuropa Kultur e. V.“ und das „Ökowerk am Teufelsberg e. V.“. Die meisten der ausgerissenen Kartoffeln waren vom Ökowerk gepflanzt worden, als eine lebendige Ausstellung zum Thema Migration. Schließlich wandern auch die Pflanzen, sind de facto nahezu alle unsere heutigen Ernährungspflanzen „Einwanderer“ aus Asien, Afrika oder Nord- und Südamerika. Jetzt geht es darum, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz die Wünsche der hier seit Jahren und mit einem unglaublichen hohen Einsatz an ehrenamtlichem, unentgeltlichem Engagement Tätigen auch würdigt. Würdigt, indem sie Wünsche der Bürger nach Erhalt des pflegeleichten Spontanen Grüns auf dem alten Bahngelände und die Wünsche nach Lage der Kinderspielplätze und Gärten respektiert. Sicher ist, der Bezirk Kreuzberg wird später kaum Geld für die Pflege auf dem Gleisdreieck haben. Der Bezirk wird auf die aktive Mithilfe von Bürgern angewiesen sein. Die Lust und die Bereitschaft von Bürgern zu andauerndem unentgeltlichem Tun können sich die Behörden aber nur dann sichern, wenn sie den Bürgern ein wirkliches Mitspracherecht einräumen. ELISABETH MEYER-RENSCHAUSEN, Berlin

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