Ulf Aminde fragt nach dem Wert von Kulturarbeit
: Der bekennende Voyeur

ULF AMINDE, 37. Sein Kunstprojekt „Straße ist Straße und keine Konzeptkunst“ ist in der GAK Bremen zu sehen.

„Straße ist Straße und keine Konzeptkunst“ klingt ein bisschen nach Gertrude Steins „A rose is a rose is a rose“ und ähnlich rätselhaft. Der Berliner Künstler Ulf Aminde hat seine jüngste Arbeit so genannt und erklärt, dass er damit nach dem Stellenwert von Kulturarbeit fragen wolle. Das Projekt selbst, dessen Konzept ihm 2006 den Autoren- und Produzentenpreis der Bremer Schwankhalle eingetragen hat, kommt allerdings deutlich weniger theoretisch daher als die Vorrede es vermuten lassen würde.

Aminde hat dazu BremerInnen an diversen Kulturorten in Szene gesetzt und daraus Filmszenen gemacht, die ab morgen in der GAK, der Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, zu sehen sind. Darin bittet er Obdachlose, in ihren Schlafsäcken die Treppe der Kunsthalle hinaufzurobben oder gibt Straßenmusikern Geld, damit sie nicht spielen und zeigt dann 20 Minuten lang die Schweigenden. In einer Hochhaussiedlung in Tenever traf er einen jungen Türken, den er bat, den Kultursenator zu spielen. „Es hat keinen Sinn, nur die Häuser zu sanieren“, sagte der Junge. „Man muss mit den Menschen arbeiten.“

Die Arbeit mit sozial Benachteiligten hat bei Aminde Tradition. Schon bei der MOMA-Ausstellung in Berlin bat er Obdachlose, Stellung zu den Meisterwerken der klassischen Moderne zu nehmen. Das hat ihm die Frage eingetragen, ob er hier nicht sozialen Voyeurismus bediene. „Das ist der Blick von außen“, sagt Aminde dazu, um dann fröhlich zu bejahen: „Ich bin ein stark voyeuristischer Mensch.“ Was ihn bei den Obdachlosen in Berlin beeindruckt hat, ist die Ernsthaftigkeit, mit der sie sich mit den Bildern beschäftigt haben – und die ihm zugleich bestätigte, dass diese Arbeiten auch für die heutige Gesellschaft bedeutsam sind.

Bei Amindes Arbeit steht eine Frage am Ausgangspunkt, von der aus sich der Rest durchaus zufällig entwickelt. Die Bremer Obdachlosen verloren beim Robben in ihren Schlafsäcken das darin gesammelte Kleingeld und verbrachten dann eine halbe Stunde damit, im Schacht vor der Kunsthalle herumzustochern. Aber auch das ist eine Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert von Kulturarbeit. GRÄ