KUNSTRUNDGANG
: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Es geht um Yoga, Landwirtschaft und Shahnoza in den Ausstellungen dieser Woche – tatsächlich geht es aber um die Umrisslinie und was sich alles mit ihr anstellen lässt. Gleich vorweg gesagt: erstaunlich Überraschendes.

Das gilt zunächst einmal für Julian Opie bei Barbara Thumm. Die Umrisslinie ist ja nun sein künstlerisches Medium schlechthin, das Lasso, mit dem er seine – gerne weiblichen – Motive einfängt. So ist es auch jetzt. Und damit nicht besonders überraschend. Allerdings wackelt die Umrisslinie nun sehr hübsch mit den Hüften und dem Hintern – und das ist neu. Shahnoza, die in Raymond’s Revue Bar an der Stange tanzt, hat sie als Opies Modell in Bewegung gesetzt. Die Stills und das Video sollten im Ontario Art Museum neben den Plastiken und Akten von Henry Moore ausgestellt werden. Eine Idee, die spontan überzeugt, weil sie die erstaunliche Kraft der fragilen Umrisslinie richtig einschätzt; jedenfalls wenn sie von Shahnoza stammt, die mit einem kleinen Hüftschwung jeden tonnenschweren Moore zur Seite kickt.

Besonders schön aber, besonders anrührend, rostig und komisch ist die Umrisslinie bei Josephine Pryde. Für ihre vierte Einzelausstellung bei Neu hat sie vier große Plexiglasscheiben in den Galerieraum gestellt, an denen sie mit Eisenketten die Umrisse einer Frau bei ihren Yogaübungen gezeichnet hat. Obwohl die Frauenfigur ein wenig wie ein Strichmännchen ausschaut, wirken die fernöstlichen Verrenkungen des Körpers so präzise getroffen, dass man Lust bekommt, auch gleich seinen großen rechten Zeh im linken Nasenloch verschwinden zu lassen. Doch dann kippt die Wahrnehmung, und die Installation schaut wie eine abstrakte Assemblage aus. Dann interessiert die Struktur und nicht die Figur. Was es mit der Landwirtschaft auf sich hat, ging in diesem faszinierenden Spiel leider unter.

Julian Opie: This is Shahnoza, bis 28. Juli, Di.–Fr. 11–18, Sa 13–18 Uhr, Galerie Barbara Thumm, Dircksenstr. 41

Josephine Pryde: Hollow Inside, bis 7. Juli, Di.–Sa, 11–18 Uhr, Galerie Neu, Philippstr. 13