Was gehört zur Kunst?

betr.: „Die Kunst der Ausstellung“, taz vom 15. 6. 07, „Hundert Tage im Schnelllauf“, taz vom 16. 6. 07

Die Stadt Kalkilia ist ein besonders perfides Beispiel für die israelische Besatzungspolitik im Westjordanland. Die acht Meter hohe Betonmauer, mit der sich die Israelis von den Palästinensern abschotten wollen, umschließt Kalkilia komplett. Die Bewohner der Stadt werden von israelischen Militärposten von ihren Wachtürmen aus 24 Stunden am Tag beobachtet und müssen sich wie im Zoo fühlen.

Dass Kalkilia tatsächlich den einzigen Zoo im Westjordanland unterhält, ist schon etwas skurril. Immerhin ist der Tierpark ein Beispiel für gelungene israelisch-palästinensische Kooperation. Der Safaripark in Ramat Gan in Israel versorgt den Partnerzoo auf der palästinensischen Seite gelegentlich mit Tieren wie Zebras und Löwen. Die Giraffe Brownie war ursprünglich ein Geschenk Südafrikas an Israel. Über den Tod des Tieres sind unterschiedliche Darstellungen im Umlauf. Ob die von der taz vertretene Version, nachdem das Tier in Panik stürzte, stimmt, sei dahingestellt. Die ausgestopfte Giraffe auf der documenta scheint aber auf jeden Fall beides zu sein: Symbol für die Opfer in diesem nie enden wollenden Konflikt, aber auch Beleg für eine Kooperation zwischen den verfeindeten Lagern.

Wie definiert sich Kunst heute? Was gehört zur Kunst? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Konzeptkünstler Peter Friedl, der die Idee hatte, Brownie auf der documenta auszustellen. Die Strategie ist, Anlässe zu schaffen, über die Hintergründigkeit scheinbar banaler Objekte oder Sachverhalte nachzudenken. Populistisch und dumm ist daher nicht dieser documenta-Beitrag, sondern eher die Art und Weise, wie taz-Autoren ihn kritisieren. HARTMUT GRAF, Hamburg