Fast ohne Parteigrenzen

KANDIDATEN Noch bilden Linke, SPD und CDU in Marzahn-Hellersdorf eine Zählgemeinschaft

Dem SPD-Kandidaten werden auch Chancen auf ein Senatorenamt eingeräumt

Marzahn-Hellersdorf ist der jüngste der Berliner Bezirke. Von den rund 246.000 Einwohnern leben drei Viertel in Plattenbau-Großsiedlungen, die aber nur ein Drittel der Fläche des Bezirks einnehmen. Der Rest wohnt in Kleinsiedlungen wie Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf – ehemalige Dörfer, die zum Teil schon Jahrhunderte alt sind. Ein regelrechter Bauboom ist dort ausgebrochen. Nirgendwo in Deutschland sind in den letzten Jahren so viele Einfamilienhäuser entstanden.

Noch dominiert die Linkspartei im Bezirk. Die Bundestagsabgeordnete Petra Pau holt dort regelmäßig ihr Direktmandat. Seit der Wende stellen die Linken und ihre Vorgängerparteien den Bezirksbürgermeister. Bei den BVV-Wahlen 2006 sackte die Partei allerdings von 51,1 Prozent (2001) auf 38,2 ab. Linke, SPD und CDU bilden seither eine Zählgemeinschaft. Mit nur einer Stimme Mehrheit wurde Dagmar Pohle (Linke) 2006 zur Bürgermeisterin gewählt. Pohle tritt im Herbst erneut als Spitzenkandidatin an. Doch angesichts des niedrigen Zuspruchs in den Umfragen auf Landesebene scheint auch der Ausgang in Marzahn-Hellersdorf unklar.

Die SPD zieht mit Stefan Komoß, Stadtrat für Bildung und Finanzen, als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Komoß genießt über Parteigrenzen hinweg einen guten Ruf, ihm werden auch Chancen auf ein Senatorenamt eingeräumt. Sein Traumwahlziel sei „30 plus x“, sagt Komoß. Als Finanzstadtrat er sich um die Sanierung des Haushalts verdient gemacht. In der Zeit, als Uwe Klett (Linkspartei) Bürgermeister war, hatte der Bezirk Schulden von 35 Millionen Euro angehäuft. Davon sind zwischen 2008 und 2011 rund 11 Millionen getilgt worden. Das sei nicht allein sein Verdienst, rühmt Komoß die gute Zusammenarbeit im Bezirksamt über die Parteigrenzen hinweg.

Für die CDU tritt Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff als Spitzenkandidat auf Bezirksebene an. Gleichzeitig ist er für den Wahlkreis Biesdorf Direktkandidat für das Abgeordnetenhaus. Er rechne sich gute Chancen aus, sagt Gräff. Der bislang einzige CDUler, der im Ostteil ein Direktmandat holte, ist Mario Czaja, der auch dieses Mal in Mahlsdorf-Kausdorf antritt.

Gräff wohnt in Biesdorf. Sein Topthema im Wahlkampf ist die Tangentiale Verbindung Ost (TVO). Zur Vollendung fehlten sechs Kilometer. „Wenn das Teilstück nicht kommt, erstickt Biesdorf nach der Öffnung des Großflughafens BER im Verkehr.“

Offen ist, ob es den Grünen gelingt, im Bezirk von ihrem bundesweiten Aufwind zu profitieren. Für sie tritt die Physikerin Bernadette Kern an. Umfragen auf Landesebene sehen die Grünen bei 22 bis 27 Prozent. 2006 hatte es in Hellersdorf-Marzahn nur für knappe 5 Prozent gereicht. PLUTONIA PLARRE