repressive Hochschulen
: Der Normstudent von morgen

Es hat offenbar Methode: Vergangene Woche berichtete die taz nord über die Probleme mit dem Bachelor in Oldenburg, heute über den Gebührenboykott an der Hamburger Kunsthochschule – und die Studierenden lassen sich nur anonym zitieren. Die Studenten von heute – alles karrieregeile Weicheier?

KOMMENTAR VON JAN KAHLCKE

Diese Schlussfolgerung greift zu kurz. Es sind die Studienbedingungen, die einen zweimal überlegen lassen, wie weit man sich aus dem Fenster hängt. Zum Masterstudium geht’s nur mit besten Noten. Da ist hochschulpolitisches Engagement häufig eher von Nachteil. Die Uni Hamburg hat sogar ein regelrechtes Klima der Angst in Lehrkörper und Studentenschaft geschaffen.

Studiengebühren tun ein Übriges: Weltfremd klingt heute das Motto des Unistreiks von 1988, „die Uni als Lebensraum erkämpfen“. Die Studenten von heute haben dafür keine Zeit: Sie arbeiten, um die Gebühren zu bezahlen, oder studieren unter Hochdruck, um die Schulden überschaubar zu halten. Wenn Professoren Studenten nach Gusto davon freistellen können, steigt der Anpassungsdruck.

So werden Normstudenten produziert. Das ist in allen Fächern traurig, in der Kunst ist es fatal. Wie sollen die Kunst-Bachelors von morgen die gesellschaftlichen Verhältnisse in Frage stellen? Das Leben der Bohème als kreative Brutstätte können sie sich nicht mehr leisten.