WEINLADEN AM HANSAPLATZ
: Eine spannende Mischung aus Architektur und Weinkultur

VON MICHAEL PÖPPL

Sven Lüßling kennt die erstaunten Blicke, denn oft kommen in seinen Laden Menschen, die sich erst einmal nur für die 50er-Jahre-Architektur des Hansaviertels interessieren. Der Weinladen am Hansaplatz ist auch das Tourismusbüro des Viertels, auf knapp 20 Quadratmetern Fläche findet man Infomaterial über internationale Architekten, die hier bei der „Interbau“ ihre baulichen Visionen verwirklichen durften, und zugleich einen schönen Überblick über die europäische Weinkultur. „Ich kann zwar nicht sämtliche Bauten von Oscar Niemeyer oder Le Corbusier weltweit aufzählen, aber ich kenne mich schon gut im Viertel aus und weiß, wo welches Gebäude steht“, sagt Lüßling. Zu den Weinen im Sortiment weiß er noch eine Menge mehr, er kennt die Winzer und deren Vorlieben, von denen er seinen Kunden auch gern erzählt.

Seit ziemlich genau vier Jahren führt er die kleine Weinhandlung in der Ladenzeile neben dem Grips Theater. Zuvor hatte er sich als Commis im Radisson Hotel am Domkarree und im Park Inn am Alexanderplatz gute Weinkenntnisse erworben, die er, wie er sagt, „immer noch täglich vertieft“. Als der gelernte Gastronom das Geschäft übernahm, waren nur drei deutsche Weine im Sortiment, erzählt er. Inzwischen sei aus jedem deutschen Weinbaugebiet mindestens ein besonderer Winzer wie Martin Tesch von der Nahe oder Fritz Allendorf aus dem Rheingau vertreten – „nur Sachsen fehlt mir noch“, sagt Lüßling. Daneben ist sein Sortiment geprägt von besonderen österreichischen Weinen wie dem Blaufränkischen von Umathum im Burgenland oder feinen Tropfen von begabten und erfahrenen Winzern aus Frankreich, Italien, Spanien oder Portugal. Beliebt sind bei den Kunden am Hansaplatz auch die Schaumweine, vom deutschen Winzersekt bis zum Crémant aus Frankreich. Immer am ersten Freitag im Monat lädt Lüßling zu seinen Weinabenden mit Verkostung.

Für die taz-Leser empfiehlt er zwei Weine, die gut in den Spätherbst passen. Zum einen den „Terra D’Alter“, einen feinen weißen Reserva aus dem portugiesischen Alentejo, der nur leicht nach Wiesenkräutern duftet, sich aber als wahre Geschmackswundertüte entpuppt: Neben dezenten Limettenaromen und Pfirsichtönen schmeckt man inmitten frischer Säure ein fast österreichisches „Pfefferl“ und dann noch etwas „Je ne sais quoi“ – einen Hauch von irgendetwas, das jeder Kunde anders interpretiert, so Lüßling: „Ein verspielter und spannender Wein, der zu hellem Fleisch wie Kaninchen und intensiven Gemüsen wie Topinambur passt“.

Ganz „straight“ dagegen begegnet uns der „Spätburgunder Holzfass“ des gerade mal vier Hektar großen Weinguts Zorn aus dem Kraichgau: Ein klassischer Badener Roter, der nach Vanille und Nelke duftet, mit gesunder Säure, leichten Fruchtaromen wie Himbeere und Erdbeere und einer milden Note aus weihnachtlichen Gewürzen und Sezuanpfeffer auf der Zunge. „Ideal zur Gans oder zu kräftigen Käsesorten“, sagt Lüßling. Der Winter kann also in den Tiergarten kommen.

Weinladen am Hansaplatz, Bartningallee 5, 10557 Berlin-Tiergarten, Tel. (0 30) 60 05 56 71, www.weinladen-hansaplatz.de Das „5 plus 1“-Angebot für taz-Leser: Bei Abnahme von fünf Flaschen „Terra d’Alter Reserva Branco“ (0,75 Liter, 9,90 Euro), oder 5 Flaschen „Spätburgunder Holzfass“ vom Weingut Zorn (0,75 Liter, 8,90 Euro) gibt es jeweils eine Flasche gratis dazu.