LESERINNENBRIEFE
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Von den Medien provoziert

■ betr.: „Unnachgiebige Kontrahenten“ u. a., taz vom 10. 11. 14

Angeblich sind mehr als 50 Prozent der deutschen Bevölkerung empört über den Streik der Lokführer. Diese Empörung ist von den Medien provoziert. Tatsächlich schlummert in allen, die sich da empören, der Frust darüber und damit die heimliche Lust dazu, auch endlich einmal wieder auf die Straße zu gehen und denen da oben zu zeigen, dass wir nicht alles mit uns machen lassen: Steuerhinterziehung à la Luxemburg, TTIP, Fracking, Kriegsgeschrei, Zeitarbeitsverträge und vieles mehr. Es ist die Verschämtheit, die Unzufriedenheit mit der eigenen Courage und die heimliche Bewunderung dessen, was die GDL macht. Revolution findet nur noch vor dem Fernseher mit den von der Regierung bezahlten Kabarettisten statt. Aufregen auf dem Sofa, ja; auf der Straße wird es halt kalt und manchmal ungemütlich. RÜDIGER HILLENBRAND, Meßkirch

Windräder

■ betr.: „Todesfalle für Abendsegler“, taz vom 12. 11. 14

Die Installation von Windrädern darf nicht mehr nur von Kommunen, sondern sollte von Bundesländern ausgehen, noch besser vom Bund selbst. Dadurch kann auf Vogelrouten und Vogelverhalten, Brut- und Aufenthaltsräume mehr Rücksicht genommen werden. Rheinland-Pfalz geht hier mit gutem Beispiel voran.

Die Vogeltodesrate durch Windräder lässt sich dadurch vermindern, aber nicht ganz beseitigen. Dies darf aber kein Argument gegen Windkraft überhaupt sein.

Die Hauptursachen für den rapiden Rückgang des Vogelbestands werden totgeschwiegen: die intensive Landwirtschaft und der Autoverkehr.

ARTUR BORST, Tübingen

Verbittert

■ betr.: „Publikumsbeschimpfung“, taz vom 8. 11. 14

Herr Biermann ist ein sehr verbitterter, aber auch selbstgerechter Mensch. Seine Ausbürgerung war die einzige, die ich wirklich nachvollziehen konnte, und eine echte Strafe für die Bundesrepublik, zumindest musikalisch. Wer die Linkspartei als überflüssigen Rest bezeichnet, hat das Unrecht, das von dieser Republik heute ausgeübt wird, nicht erkannt, weil er zu weit weg von den einfachen Menschen lebt.

Sicher, das Unrecht in der „Bundesrepublik“ und das in der „Deutschen Demokratischen“ sind nicht vergleichbar, aber ich lege auch höhere Maßstäbe an echte freiheitliche Demokratien an. An Liedermacher auch, gerade wenn sie behaupten, für das Volk zu singen. MARKUS MEISTER, Kassel

Gedenkstunde missbraucht

■ betr.: „Biermann gibt den Wolf“, taz.de vom 7. 11. 14

Dass sich Menschen, die unter der SED-Despotie zu leiden hatten, nun rächen wollen, ist verständlich, aber trotzdem nicht zu billigen. Verzeihen können ist Zeichen von Großmut und (Alters)weisheit, freilich eine Gnade, die nicht jedem zuteil wird. Ich bin kein Freund der Linkspartei, finde aber Biermanns Verhalten schlicht unfair: Er missbrauchte die Gedenkstunde und das damit verbundene Medieninteresse, um schmutzige Wäsche zu waschen, verletzte damit auch die demokratischen Spielregeln. Die Linkspartei hat in offenen Wahlen Mandate in den Parlamenten gewonnen, übernimmt seit 25 Jahren konkrete politische Verantwortung. Der Geist der Demokratie und der persönliche Anstand verlangen, dass man Andersdenkende respektvoll behandelt. Dass in der Linkspartei noch alte Kader der SED aktiv sind, ist zudem nur logisch. Politiker fallen nicht vom Himmel. Auch hat jeder das Recht auf eine zweite Chance. Die Linkspartei hat sich zudem klar von der alten DDR-Unrechtspolitik distanziert und gilt zumindest weitgehend als verfassungstreu.

CHRISTIAN FUCHS, Gutenstetten