der Dreimaster „Thor Heyerdahl“
: Das schwimmende Klassenzimmer

Klassisch-elegante Erscheinung, das können viele. Die weißen Segel aufsetzen zum schwarzen Rumpf, das alles auf einer Länge von 50 Metern: Sicher ist die „Thor Heyerdahl“ eine Schönheit, aber eben auch nur eine unter vielen. Es ist auch nicht das Äußere, das dem Dreimaster die Ehre eingebracht hat, am kommenden Samstag die Windjammerparade auf der Kieler Woche anzuführen. Interessant ist vielmehr, was auf der Thor Heyerdahl sonst noch passiert: Mitunter lernen auf ihr Gymnasiasten – und segeln dabei sechseinhalb Monate lang nach Amerika.

Das Projekt heißt „High Seas High School“ und geht so: Bis zu 26 SchülerInnen der 11. Klasse begeben sich 200 Tage an Bord des Schiffes, wo sie zusammen mit der Besatzung den Schiffsbetrieb schmeißen. Außerdem pauken sie ganz normal Mathe oder Bio. Durchgezogen wird das Ganze sowohl bei strahlendem Sonnenschein in der Karibik als auch bei Sturmböen auf dem Atlantik. Die Idee: Wer das harte Leben an Bord meistert, gewinnt an Selbstbewusstsein. „Die Teilnehmer fahren als Kinder los und kommen als Erwachsene wieder“, sagt Kapitän Detlef Soitzek.

Verwirklicht wird das Projekt von der Hermann-Lietz-Schule Spiekeroog, teilnehmen aber können Schüler aus ganz Deutschland. Von den rund 350 Mädchen und Jungen, die die Reise bisher mitgemacht haben, stammt allerdings rund die Hälfte aus Internaten und Landerziehungsheimen. Letztere gehen zurück auf den Reformpädagogen Hermann Lietz, der in der Schule mehr sehen wollte als einen Ort der reinen Wissensvermittlung und fand, dass Großstädte einen negativen Einfluss auf die Erziehung hätten.

„Bei unseren bisher elf Halbjahres-Reisen haben zwei Schüler die Tour nicht beendet“, sagt Kapitän Soitzek. „Vier Mal hatten wir Windstärke zwölf im Atlantik, aber Gott sei Dank gab es keine ernsten Unfälle.“ Was aber Seekrankheit bedeutet, das ist den Schülern klargeworden: „Nie hätten wir geglaubt, dass Menschen vor Übelkeit grün anlaufen können“, berichten zwei Elftklässler. „Doch nicht nur uns Schülern wurde speiübel, auch den Männern der Stammcrew drehte sich der Magen um.“ KLI