Die gefangene Wurst

Der Hunger treibt’s rein, nach Mitternacht besonders. Aber erst muss die Wurst aus der Hülle. In irgendeiner Fabrik haben sie – in einem maschinellen Prozess, aber sicher mit ganz viel Liebe – die Bifi in einen Schlauch aus Folie gesteckt. Sanft glitt sie hinein – oder wurde sie brutal gestopft? –, aber wie kommt sie raus?

Drückt man zu stark, flutscht sie weg, landet unter dem Regal mit dem Motorenöl oder, draußen, auf dem betonsteinernen Pflaster vor der Tanke. Vielleicht gehört sie da hin, aber: Sie soll Hunger stillen, die anderen Sachen waren doch noch ekliger. 157 Gramm Schweine- und Rindfleisch, von Bauern, mit denen der Riesenkonzern Unilever schon lange zusammenarbeitet. Schon sehr, sehr lange. Wahrscheinlich begrüßen die Unilever-Metzger die Bifi-Bauern mit Handschlag, bevor sie in den Stall gehen und die Tiere auswählen, die Wurst werden. Oder?

Und ich so: drück. Und die Wurst so: rutsch.

Schüchtern wie eine Schnecke, die aus ihrem Haus kommt, um nach dem Rechten zu sehen. Ein sanftes Schmauchen ist zu hören. Lebt die etwa noch?

Jetzt langsaaam, ganz saaaachte, und aufpassen, dass der glitschige, zartrot gefärbte Wurm sich nicht doch noch davonmacht. Die Bifi riecht. Nicht gut. Wie Wurst aus Folie. Das meinen Vegetarier, wenn sie „Iiih, totes Tier“ sagen. Aber was will man machen? Gibt ja gerade nichts anderes, Buletten sind aus. Heiße Hexe? Vergiss es.

Und als Nachtisch: Eis. Ich bleibe bei der Schlauchnahrung – wenn schon weit weg von zu Hause, dann auch essensmäßig mal ganz was anderes –, greife in der Kühlung zum Wassereis im Plastikbeutel. Wie früher. Kleine Münze, großer Genuss. Na ja. Sehr bunt, sehr süß, sehr glibberig nach einer Zeit. Und wenn man daran saugt, bleibt ein Tümpel trüben Wassers zurück. Aus welchem Hahn stammt es? Ich will es nicht wissen. Nächstes Mal: Reisebrote. FELIX ZIMMERMANN