Jukebox

A-Wop-Bop-A-Loo-Bop: Pop in seiner Werkphase

Die leichtesten wie auch die schwierigsten Wege zur Erkenntnis, sagt Konfuzius, sind die Imitation und Erfahrung.

Noch mal von vorn. Als Pop einst halbstark auf der Straße lümmelte, Ende der 50er, Anfang der 60er, war er in den Zeitungen eine Sache für den Polizeibericht. Interessant nur, wenn es bei einem Konzert mal wieder eine Schlägerei gegeben hat. Diese eher rustikale Haltung zur Popmusik dauerte in den Redaktionsstuben Jahrzehnte fort. Lange wurde Popkritik am liebsten einem Lederjackenträger überantwortet, was jetzt als seliger Stand der Unschuld zu betrachten ist, weil sich da noch niemand mit dem Werkbegriff herumplagen musste, der in dieser Woche hier in Berlin gleich in der Potenz gegeben wird. Was anderes soll das denn sonst sein, wenn da am Dienstag Lou Reed sein Werk „Berlin“, dieser düstere Brocken von einem Album aus dem Jahr 1973 im Tempodrom live reproduziert, und genau das machen einen Tag später die Noiserocker Sonic Youth mit ihrem opus magnum „Daydream Nation“ in der Columbiahalle, wo der Stand der Dinge 1988 nochmals nachgespielt wird. Der Weg zu einer Beethoven-Aufführung ist nicht mehr allzu weit.

Was das heißt? Zuallererst wohl, dass Rotzlöffel Pop längst Abitur haben darf und überhaupt alles komplizierter geworden ist. Genau das wird doch in den Artikeln zu diesen Werk-Reproduktionen bejammert, wenn man darauf verweist, dass „wahrer“ Pop nur sei als besinnungsloses Sekundenglück. Rauschhafter Lärm ohne eitlen Drang zum Werk. Seltsamerweise übersieht das den Umstand, dass man andererseits sich doch beharrlich bemühte, von der Lederjacke wegzukommen und Pop ganz ernsthaft werkbetrachtend im Kulturteil zu platzieren.

Wer Schuld hat? Die Beatles natürlich. Am 1. Juni 1967 wurde deren „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ veröffentlicht. Werk eins im Pop. „Die Beatles“, schreibt Nik Cohn in seiner „Pop History“, „haben die Popmusik auf die Knie gezwungen.“

Wer aber Beatles sagt, muss auch Rolling Stones sagen. Passt vielleicht, in diesem Zusammenhang: Da gibt es nämlich noch etliche Exemplare einer hübschen 10-inch-LP von einer Kunstaktion, in der die Stones-Platte „Got Live if you want it!“ freihändig kopiert wurde. Ein musikalisches Historienbild (siehe das nebenstehende Cover oder auch Kunstforum, Band 152, 2000. S. 489). Wären günstig abzugeben. Bei Interesse eine mail an mauch@taz.de. THOMAS MAUCH