Bundesanwälte feuern auf Falken

Die jüngsten Razzien gegen Linke richteten sich auch gegen einen Mitarbeiter der „Falken“. Die Bewährungshilfe der Justiz beendet deswegen die Zusammenarbeit mit der Jugendorganisation

VON FELIX LEE

Der Razzienmarathon der Bundesanwaltschaft erfasst immer weitere Kreise. Wie gestern bekannt wurde, richteten sich die jüngsten Hausdurchsuchungen gegen einen Mitarbeiter des Landesverbands der sozialistischen Jugend – die Falken, Thomas W. Die Razzien seien „unter rechtswidrigen Begründungen“ erfolgt, sagte sein Anwalt Daniel Wölky.

Insgesamt vier Objekte hatte die Generalbundesanwaltschaft am Dienstagmorgen in Berlin durchsuchen lassen. Anlass sind Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129 a (taz berichtete). Den zwei in Berlin Beschuldigten wird vorgeworfen, zwischen 2002 und 2006 vier Brandanschläge auf Fahrzeuge verübt zu haben. Wegen der gleichen Sache hatte es eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein und Hamburg Durchsuchungen gegeben.

Im Fall Thomas W. filzten Sondereinsatzkräfte der Polizei neben seiner Privatwohnung auch die Kinder- und Jugendeinrichtung „Falkenburg“ in Lichtenberg. Dort ist der 28-Jährige als Erzieher angestellt. Die Polizei stellte neben einer CD die Daten des Bürocomputers sicher. Mehrere Stunden hätten sich die Beamten in der Einrichtung aufgehalten, erzählt Kolja Schumann vom Landesvorstand der Falken. Unabhängige Zeugen, wie sonst bei Durchsuchungen üblich, habe es nicht gegeben.

Nach Ansicht von Anwalt Wölky fehlen für seinen Mandanten die Voraussetzungen für eine Durchsuchung. Das Bundesverfassungsgericht habe festgeschrieben, dass „tatsächliche Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit einer begangenen Straftat vorliegen müssen“, sagte Wölky. Doch im Fall von Thomas W. habe die Bundesanwaltschaft den Tatverdacht allein daraus abgeleitet, dass er mit weiteren Beschuldigten bekannt sei und sich als Globalisierungskritiker engagiert habe. Dass in Deutschland ein Durchsuchungsbeschluss mit Bekanntschaften und politischem Engagement begründet werden kann, sei erschreckend, sagte Wölky. Von der Bundesanwaltschaft war gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Der zweite Beschuldigte, der am Dienstag von den Hausdurchsuchungen betroffen war, kommt aus Bad Oldesloe. Thomas W. ist nach eigenem Bekunden tatsächlich sehr eng mit ihm befreundet. Den Vorwurf, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, weist W. aber entschieden von sich. „Ich bin seit Jahren politisch aktiv“, sagte W. Dies sei aber kein Verbrechen.

Besonders brisant ist der Fall auch, weil die Gerichts- und Bewährungshilfe der Justizverwaltung die Zusammenarbeit mit der Falkenburg aufgekündigt hat. Straftäter, die zu ehrenamtlicher Arbeit verdonnert werden, konnten bislang ihren Dienst bei der Falkenburg leisten. Dies sehe zwar wie eine Vorverurteilung aus, heißt es aus der Justizpressestelle. Bei einem so sensiblen Thema wie Terrorismusvorwurf müsse jedoch unverzüglich reagiert werden. Ist der Ruf der Träger gegenüber potenziellen Arbeitgebern erst mal beschädigt, seien Straftäter nicht mehr zu vermitteln, sagte die Mitarbeiterin. „Als Gerichtshilfe nehmen wir eine Vorbildfunktion wahr.“ Sie betonte jedoch, wie „gut“ die Zusammenarbeit mit der Falkenburg bisher geklappt hat. „Sobald der Verdacht ausgeräumt ist, wird wieder kooperiert.“