„Der Befreier Amerikas heißt Román“

Nach zwei Siegen gegen Grêmio Porto Alegre gewinnen die Boca Juniors die südamerikanische Champions League

PORTO ALEGRE taz ■ Alle Gebete umsonst, das Wunder blieb aus: Der Libertadores-Pokal wandert von Porto Alegre in Brasilien nach Buenos Aires. Mit einem Drei-Tore-Vorsprung gegen Boca Juniors hätte Grêmio Porto Alegre am Mittwochabend eine Verlängerung und ein Elfmeterschießen erzwingen können, um den Lokalrivalen Inter als Titelträger der südamerikanischen Champions League zu beerben. Doch es kam ganz anders.

Fast hätten die Argentinier vor 50.000 staunenden Fans im Olympiastadion der südbrasilianischen Hafenstadt sogar ihr 3:0 vom Hinspiel wiederholt, doch sieben Minuten vor dem Abpfiff verschoss Mittelstürmer Martín Palermo einen Elfmeter. Der Spruch des Tages kam von Grêmio-Trainer Mano Menezes: „Heute habe ich gelernt, dass in der Regel die Besseren gewinnen.“

Den engagierten, aber recht planlosen Ansturm der jungen Grêmio-Truppe überstand Boca mit kühlem Kopf, der souveränen Regie von Mittelfeld-Ass Juan Román Riquelme und einer Portion Glück – einmal rettete die Querlatte, einmal der Pfosten. In der 63. Minute übertönten die Gesänge der 2.700 Boca-Fans zum ersten Mal jene aus dem blau-weiß-schwarzen Fahnenmeer der Gastgeber. Wenig später später zog Riquelme von der seitlichen Strafraumkante ab – 1:0. Auch den Konter in der 80. Minute leitete Bocas Nummer zehn ein und vollstreckte ihn höchstpersönlich.

„Ein Kontinent liegt ihm zu Füßen“, jubelte die argentinische Fußballzeitung Olé, und, in Anspielung auf den Namen des Turniers: „Der Befreier Amerikas heißt Román.“ Für zwei Millionen Dollar hatte ihn Boca vier Monate lang vom spanischen FC Villarreal ausgeliehen. Die frisch gekürten Kontinentalsieger könnten eine Spendenkampagne starten, um Riquelme bis zum Weltfinale gegen den AC Milan im Dezember zu halten. Ob das hilft? Der Superstar steht auf der Wunschliste von Juventus Turin.

Im Siegestaumel der Boca-Fans waren die vereinzelten Attacken von Grêmio-Hooligans fast vergessen. Zwei Stunden lang mussten die Argentinier im Stadion ausharren, dann wurden ihre Busse von der brasilianischen Polizei in Richtung Grenze eskortiert. „Mit ihrem Einsatz können die Grêmio-Fans die fanatischsten Sekten der Welt vor Neid erblassen lassen“, meinte Altstar und Globo-Kommentator Falcão, „aber bei allem Einsatz hat die Mannschaft dieses Niveau nicht erreicht“ – was wiederum bei vielen Inter-Anhängern Triumphgeheul, Hup- und Böllerkonzerte auslöste. Die amtierenden Weltpokalsieger waren bereits in der Libertadores-Vorrunde auf der Strecke geblieben und auch in der Regionalmeisterschaft „Gauchão“ ziemlich kläglich gescheitert.

GERHARD DILGER