Frauen, Männer, Lady Gaga

MIT FRAUENFUSSBALL LEBEN Fußballerinnen und Fußballerinen, WM und Zweite Liga, Männer und Peinlichkeit. Das Wochenende brachte viele neue Erkenntnisse, die alle damit was zu tun haben, dass sich gendermäßig was tut

Ich sagte: „Männerfußball ist was für Schwule.“ Aber eigentlich klingt der Satz nur ganz kurz gut und entwickelt sich dann zum Schlechten

Die meiste Zeit saß ich auf dem Sofa vor dem Tisch, auf dem ein kleiner Tisch stand, auf dem mein Fuß lag, damit die Schwellung der Fußballprellungsverletzung wieder weggeht. Zehn Tage lang! Während ich so dasaß, hatte ich mich dann doch ganz schön in die Frauenfußball-WM hineingesteigert und erwogen, programmatische Abhandlungen zu verfassen mit großspurigen Titeln wie etwa: „Die japanischen Fußballerinnen zeigen uns: Es ist ein anderes Leben möglich.“ Vielleicht sollte ich „Fußballerinen“ schreiben? – Nein, das passt doch nicht.

Irgendwann ging das Gehen wieder, auch wenn der Fuß danach wieder dick war wie manchmal bei alten Frauen in Dokus über Russland, und ich fuhr zum Geburtstagsfest von B. Es war super! Die ganzen Leute und so. Erst hatte ich befürchtet, zu oft gefragt zu werden, wieso, weshalb, und wie’s mir so ginge. Dann sprachen wir aber über Frauenfußball. A., ein namhafter Fußballexperte, war nicht so begeistert und erzählte, wie schön es gestern gewesen wäre nach all dem Frauenfußball, das Zweitligamännerspiel Greuther Fürth gegen Eintracht Frankfurt zu sehen. Ich sagte, mir wäre es umgekehrt gegangen. Unter dem Eindruck der tollen Japanerinnen hatte ich die Liveübertragung eines Testspiels meiner Lieblingsmannschaft (Schalke 04) ganz furchtbar gefunden und bin nun ein bisschen traurig, dass die Frauen-WM schon wieder vorbei ist. Ich sagte: „Männerfußball ist was für Schwule.“ Aber eigentlich klingt der Satz nur ganz kurz gut und entwickelt sich dann zum Schlechten.

Männer und Lady Gaga

Dann stand ich mit C. zusammen. Früher hatte er auch geschrieben und ist nun Lehrer. Er sieht aus wie ein Heavy-Metal-Rocker und erzählte, wie er neulich mit seinen 15-jährigen Schülern im Englischunterricht ein Lied gesungen hatte, das sie sich hatten aussuchen dürfen. Sie hatten sich für „Pokerface“ von Lady Gaga entschieden. Er habe seinen ganzen Mut zusammen genommen, das Lied vorgesungen und sich dabei ziemlich peinlich gefühlt und gespürt, dass seine Schüler ihn auch komisch fanden. Das aber sei wichtig, den jungen Leuten zu vermitteln, dass es nicht schlimm ist, auch mal peinlich zu sein.

Später hatten sie über den Text gesprochen. Den Schülern war gar nicht klar gewesen, dass das Lied vom Verstecken sexueller Wünsche handelt. Und ich dachte daran, wie toll es als Teenager gewesen war, versteckte Botschaften in Liedern zu entdecken. Wie komisch auch, wenn man später merkte, dass man sich komplett geirrt hatte.

DETLEF KUHLBRODT