Schaale Rettung für die SPD

Hamburgs SPD musste auf Krisensitzung satzungswidrige Landesliste auf den letzten Drücker ändern. Zu wenige Frauen waren auf sicheren Rängen nominiert wurden. Heute entscheidet der Parteitag

Auf Platz 1 steht unumstritten der Ende März gekürte Spitzenkandidat Michael Naumann. Ihm folgen die Vizepräsidentin der Bürgerschaft Barbara Duden, Fraktionschef Michael Neumann sowie Dorothee Stapelfeldt und Mathias Petersen, die Leidtragenden des Stimmenklaus bei der Mitgliederbefragung Ende Februar. Drei Männer und zwei Frauen abwechselnd im ersten Fünfer-Block ist satzungsgemäß. Auch im zweiten Block sind mit Karin Timmermann (Platz 7) und jetzt Monika Schaal (9) zwei Frauen nominiert; Andrea Rugbarth rückte von Platz 10 auf 12 zurück. Damit steht Carola Veit (14) nicht mehr satzungswidrig allein unter Männern.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Monika Schaal heißt die Rettung. Die 61-jährige Bürgerschaftsabgeordnete aus Eimsbüttel wurde gestern Abend auf einer Krisensitzung des Hamburger SPD-Vorstandes in letzter Sekunde auf die Landesliste für die Bürgerschaftswahl (siehe Kasten) am 24. Februar nächsten Jahres gehievt: auf den sicheren neunten Platz. Damit wurde die laut Satzung 40-prozentige Frauenquote so eben noch gewahrt.

Zwar fehlte es keineswegs an Genossinnen auf den 80 Plätzen der Landesliste, über die heute ein Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg abstimmen wird. Nur standen zu viele von ihnen zu weit hinten. Schon vor dem eilends einberufenen Treffen zeichnete sich ab, dass ein Mann zugunsten einer Frau von einem sicheren Listenplatz auf einen unsicheren zurückgestuft werden musste. Es traf den altgedienten Wandsbeker Rechtspolitiker Rolf-Dieter Klooß, der um drei Ränge nach hinten auf Platz 18 durchgereicht wurde.

Der agile Eimsbüttler Thomas Böwer, der sich als Chefankläger in der Protokollaffäre des Senats profilierte, verschwand vollkommen von der Liste. Denn Schaal, die Retterin der Quote, verzichtet auf die Spitzenkandidatur im Wahlkreis 7 (Schnelsen, Niendorf, Lokstedt). Damit rückt der als zweiter Wahlkreiskandidat vorgesehene Böwer dort auf den ersten Platz vor und hat somit sein Direktmandat sicher.

Grund für die plötzliche Hektik im Kurt-Schumacher-Haus war eine Mahnung aus Berlin. Der Justiziar der Bundes-SPD erklärte den vor einer Woche vorgelegten Listenentwurf für satzungswidrig, weil die 40-prozentige Frauenquote nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

Das sei schon lange bekannt gewesen, bestätigten vor der Krisensitzung zwei Mitglieder des Landesvorstandes auf Anfrage. Nur habe der seit drei Monaten amtierende Parteichef Ingo Egloff alle internen Warnungen in den Wind geschlagen: „Ingo wollte das aussitzen, und jetzt macht er eine Bruchlandung.“ Noch am Mittwoch hatte Egloff am Rande der Bürgerschaft im Gespräch mit der taz beteuert, die Frauenquote sei sogar übererfüllt: „Das sind 41,3 Prozent, das war und ist mir wichtig.“

Vereinbart war in der Hanse-SPD, dass in jedem „Fünfer-Block“ mindestens zwei Frauen nominiert würden. Das wurde auch weitgehend durchgehalten. Allerdings wurde vom Landesvorstand im dritten und fünften Block – die Plätze 11 bis 15 und 21 bis 25 – nur eine Genossin aufgestellt, dafür gleich vier auf den Plätzen 31 bis 35.

Mit mehr als 20 Mandaten von der Landesliste (plus 24 Direktmandate in den 17 Wahlkreisen) rechnen selbst in der Partei nur die größten Optimisten. Denn dazu bräuchte die in Umfragen bei gerade mal 30 Prozent dümpelnde SPD ein Wahlergebnis von mindestens 35 Prozent. „Ganz viele Frauen ganz weit hinten – so war die Quote nicht gedacht“, zürnt deshalb eine Frau aus dem Parteivorstand.

Zudem muss alternierend nominiert werden. Deshalb wurden jetzt die Nominierungen so geändert, dass in jedem Fünferblock der zweite und vierte Rang mit einer Genossin besetzt wurde. Kampfkandidaturen allerdings sind heute auf dem Parteitag keineswegs auszuschließen.