LESERINNENBRIEFE
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Strafe für Widerstand gegen Nazis

■ betr.: „Kein falsches Signal“, taz vom 14. 11. 14

Der Forderung von Malene Gürgen, dass die Zivilgesellschaft den Aufmarsch verhindern soll, stimme ich zu. Allerdings sollte sie auch wissen, dass dies in München zum Beispiel jedes Mal 220 Euro pro Person kostet. Mein nächstes Gerichtsurteil bringe ich gerne zum taz-Genossenschaftstreffen in München mit, die Verhandlung ist direkt vorher. SEBASTIAN KEITH BAYER, München

Sehschwäche auf rechtem Auge

■ betr.: „Polizisten nicht willkommen“, taz vom 13. 11. 14

Die Kritik von NSU Watch an der (Fehl-)Besetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zum NSU in NRW mit drei Polizisten wird von der Autorin Anja Krüger mit der Argumentation entkräftet, dass sich der ehemalige Polizist Andreas Kossiski, Obmann der SPD in dem PUA, heute antifaschistisch engagiert. Auch wenn Jörg Detjen (Linksfraktion im Kölner Rat) und Hermann Rheindorf (Arsch Huh) ihr da zustimmen, gibt es im gleichen Spektrum in Köln auch andere Stimmen zu der Personalie Kossiski (siehe: http://keupstrasse-ist-ueberall.de).

Er kommt aus einer Behörde, deren Blindheit auf dem rechten Auge sich zuletzt am 26. 10. 2014 gezeigt hat. Knapp 5.000 rechte Hooligans und Neonazis konnten ohne nennenswertes Einschreiten der Polizei in Köln randalieren und Passanten und Journalist*innen angreifen. Auch bei den Ermittlungen zum NSU-Nagelbombenanschlag in der Keupstraße 2004 bis 2011 zeigte sich diese „Sehschwäche“ deutlich.

Wie soll ein Vertreter dieser Behörde, die die Opfer des Anschlags jahrelang als Täter*innen behandelt hat, diese Blindheit, deren Teil er war, aufklären? Und wie werden sich Betroffene aus der Keupstraße fühlen, wenn sie mit den Leuten reden müssen, die in damals leitenden Funktionen genau aus dem Apparat kommen, der nach dem Trauma des NSU-Anschlags für die Fortsetzung der Traumatisierung sorgte? Den Betroffenen hilft es da nicht, dass Kossiski sich heute gegen rechts bei „Köln stellt sich quer“ engagiert.

Den rechts-blinden Einsatz seiner ehemaligen Kolleg*innen der Kölner Polizei gegen HoGeSa hat er jedenfalls öffentlich nicht kritisiert. Er ist einfach die falsche Person für die Aufgaben im NSU-Untersuchungsausschuss. INITIATIVE „KEUPSTRASSE IST ÜBERALL“, Köln

Der Dæne kennt die Energiewøndø

■ betr.: „Der Däne kennt die Energiewøndø nicht“, taz vom 11. 11. 14

Die „Zahl des Tages“ hat mich umgehauen. Liebe taz, Du sollst doch nicht immer alles glauben, was BP sagt! Natürlich kennt der Dæne die Energiewøndø. Er ist uns sogar Meilen voraus. Er ist atomstromfrei und bereits heute kommen 43 Prozent seines Strombedarfs aus Erneuerbaren Quellen. Der Dæne ist führend in Sachen Kraft-Wærme-Kopplung und er hat seit 2013 ein Verbot für den Einbau von Øl- und Gas-Heizungen in Neubauten, das er ab 2016 auf Altbauten ausweiten wird. Die Regierung stellt für den Umbau zwischen 2012 und 2015 Fördergelder in Höhe von 5,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist nur unwesentlich mehr, als die hiesige Regierung den Stromkunden an Zusatzkosten aufs Auge drückt, um die Industrie von der EEG-Umlage zu befreien.

Der Dæne strebt an, im Jahr 2050 seinen kompletten Energiebedarf – Strom, Wärme, Mobilität – ohne fossile und nukleare Ressourcen zu bewerkstelligen. In Schland mag man sich die Augen reiben, doch in Dænemark sind sich sogar Regierung und Bevölkerung in dem Punkt einig und – hørt, hørt – sie sind ihrem eigenen Zeitplan sogar ein Stück voraus. In Dænemark gibt es sogar große Zustimmung vonseiten der Energieszene für den staatlichen Netzbetreiber, der das Stromnetz sehr professionell organisiere und der die fluktuierenden Erneuerbaren sehr verlässlich gegen die regelbare Kraft-Wærme-Kopplung austariere.

An den Tagen im Jahr 2013 und 2014, als das Netz bereits 100 Prozent Erneuerbare aufnehmen musste, hatte der dænische Netzbetreiber das selbstverständlich im Griff, während hierzu-schland „Netzexperten“ reflexartig lauthals jammern, dass die Erneuerbaren schier nicht zu händeln sind. Und als ob das nicht ausreicht, erklärt dieser Tage ausgerechnet der Chef der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, er wolle sogar die CO2-Reduktionsziel für 2020 knicken – da stinkt der Fisch vom Kopf her. EVA STEGEN, Freiburg

Die Mauer fiel nicht

■ betr.: „Der andere Mauerfall“, taz vom 6. 11. 14

Autor Klaus Hartung nimmt es erfreulich genau mit dem Datum 4. 11. 1989 (ČSSR) statt 9. 11. (Berlin). Mit Fakten und Sprachbildern liegt er allerdings voll im Trend der damaligen wie heutigen Berichterstattung. Als Schriftsteller und Maler sollte er mit Sprache und Bildern sorgsamer umgehen.

Die Mauer ist zu keiner Zeit und an keinem Ort „gefallen“: Grenzübergänge wurden geöffnet, die Mauer wurde erklettert. Andenkenjäger brachen mit Werkzeugen Stücke aus der Mauer heraus (Mauerspechte); ganze Betonsegmente wurden später per Kran entfernt.

Noch viel weniger stimmt: „Der Eiserne Vorhang fiel … etwas früher.“ Wenn im Theater bei einem Brand der eiserne Vorhang fällt, werden Bühne und Zuschauerraum hermetisch voneinander getrennt. Das genaue Gegenteil ist also passend: Der Eiserne Vorhang wurde gehoben und damit die Trennung beseitigt.

Der Journalist geriet auf die schiefe Bahn eines falschen Sprachbildes. Ansonsten ist Klaus Hartungs Einschätzung zuzustimmen: Es braucht noch Zeit! WERNER HAMMERSCHMIDT, Pinneberg