Senatorin Ahnungslos

Sozialsenatorin Schnieber-Jastram (CDU) diffamiert Jugendliche aus der Feuerbergstraße vorm Parlamentarischen Untersuchungsausschuss als unglaubwürdig. Sie selber habe von Rechtsverstößen nichts gewusst

Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) scheute sich am Freitag Abend nicht, auf die Fragen, ob sie nicht früher von den Problemen in dem geschlossenen Heim wusste, mit den immer gleichen Worten zu antworten: „Mir wurde versichert, es ist alles rechtens“. In der Regel sei dies durch den früheren Staatsrat Klaus Meister geschehen.

Die Medienberichte über die negativen Ereignisse hätten sie „in ihrer vollen Wucht“ erst auf ihrer Türkeireise im Oktober 2005 erreicht, als im Abendblatt ein „Zwischenbericht“ des PUA veröffentlicht worden sei. Dass in dem Heim illegal Psychopharmaka verabreicht wurden, habe sie erst dann erfahren. Auch die unrechtmäßigen Aidstests, Post- und Telefonkontrollen und die Einweisung von Jugendlichen ohne rechtskräftigen Beschluss seien ihr erst dann zu Ohren gekommen. Als politisch Verantwortliche habe sie daraufhin den Jugendhilferechtsexperten Christian Bernzen mit einem Rechtsgutachten beauftragt und „alle bekannten Fehler abgestellt“, wie sie versicherte.

„Wir lernen also, wir brauchen erst einen PUA, damit die Behörde ein Rechtsgutachten in Auftrag gibt“, merkte der SPD-Obmann Thomas Böwer sarkastisch an. Es gab schon viel früher diverse Hinweise auf eben diese Missstände: Unter anderem hatte der führende Mitarbeiter Dirk Bange schon im Sommer 2003 ein solches Gutachten angemahnt, wovon die Senatorin aber nichts gewusst haben will. Und als sich zwei Mitarbeiterinnen schriftlich und mündlich mit Kritik an sie wandten, gab sie dies „ins Fachamt“ weiter.

Ans Tageslicht kamen die Missstände, als am Nikolaustag 2004 zwei geflohene Jungen der Medienagentur Hamburg on air ein Interview gaben, aus dem alle Printmedien, auch die taz, ausführlich zitierten. Die Jungen hatten sich über Fesselungen und Gewalt durch Pädagogen und den Sicherheitsdienst beschwert, und erklärt, sie würden gezwungen, Psychopharmaka zu nehmen, die sie „müde machen“.

Mit den Zitaten konfrontiert erklärte die Senatorin: „Ich habe diesen Jugendlichen kein Wort geglaubt. Und ich halte es auch heute noch für verantwortungslos, diesen Jungen ein Forum zu geben“. Da die Jungen nicht dort säßen, „weil man ihnen Wohlverhalten nachsagt“, sei es „fast ironisch, wenn man sagt, Betreuer seien brutal“.

Auf die Frage der GAL-Abgeordneten Christiane Blömeke, ob die Senatorin nicht eine Fürsorgepflicht für diese Jungen habe, wiederholte Schnieber-Jastram „Es ist die Frage, ob es richtig ist, diesen Jungen ein Forum zu geben“. Daraufhin konterte Blömeke: „Ich bin den Medien aber dankbar dafür, denn sonst hätte es den PUA nicht gegeben“. Rechtsbrüche wie die Fixierung und die Verabreichung der Psychopharmaka, seien so bekannt geworden. Darauf die Senatorin: „Ich kann nur wiederholen, ich habe mich immer wieder rückversichert, ob alles rechtens sei. Und es wurde gesagt: ,Ja‘.“

KAIJA KUTTER