Toll Collect dreht Warteschleifen

LKW-MAUT Seit Jahren will der Bund Schadenersatz von der Deutschen Telekom und Daimler wegen der verspäteten Einführung der Maut 2005. Angebliche Milliardenzahlungen dementieren die Firmen nun

BERLIN taz | Daimler und die Deutsche Telekom haben Berichte über Schadenersatzzahlungen an den Bund wegen der verspäteten Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2005 zurückgewiesen. Dem Bund sind damals Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgangen. Über eine Entschädigung verhandelt ein von beiden Seiten eingesetztes Schiedsgericht seit Jahren. Die Financial Times Deutschland hatte in ihrer Ausgabe am Montag von einer Vorentscheidung berichtet, wonach beide Unternehmen Schadenersatz zahlen müssten. Die Zeitung berief sich auf einen Beteiligten in dem seit sechs Jahre laufenden Verfahren zwischen dem Bund, der Deutschen Telekom und Daimler.

„Der Bericht entbehrt jeder Grundlage, es gibt keinerlei Empfehlungen oder Stellungnahmen des Schiedsgerichts zum Ausgang des Schiedsgerichtsverfahrens“, widersprach daraufhin die Deutsche Telekom. Ähnlich äußerte sich auf Anfrage der taz auch Daimler. „Das hat mit der Realität nichts zu tun, sondern ist wohl eher das Wunschdenken eines Verfahrensbeteiligten“, erklärte ein Sprecher. Die Forderungen des Bundes belaufen sich auf 4,95 Milliarden Euro plus Zinsen. Der Bund sieht die Telekom und Daimler als Hauptgesellschafter von Toll Collect verantwortlich für den verspätetet Start der Lkw-Maut. Die Gebührenerhebung konnte erst im Januar 2005 statt im August 2003 beginnen. Daimler bestätigte gegenüber der taz, dass man für eventuell entstehende Schadenersatzzahlungen im Zusammenhang mit Toll Collect keine Rücklagen gebildet habe. In Sindelfingen rechnet man nicht mit einem raschen Abschluss des Schiedsgerichtsverfahrens. Der nächste mündliche Verfahrenstermin fände im Frühjahr 2012 statt, teilte das Unternehmen mit.

Sicherlich dürfte die nun schon jahrelange Hängepartie um Toll Collect nicht die beste Werbung für die immer wieder gehegten Exportambitionen sein. Das glaubt Werner Rothengatter, emeritierter Professor am Karlsruher Institut für Technologie. Er hält die Maut-Technologie von Toll Collect für eine der teuersten der Welt. „Das aktuelle System ist einfach sehr schwerfällig. Hinzu kommt, dass andere Länder ja nicht nur Lkw-Gebühren erfassen wollen, sondern auch eine Maut für Pkws erheben.“ Er sieht Nachbesserungsbedarf und spricht sich unter den derzeitigen Bedingungen gegen eine Vertragsverlängerung des Bundes mit Toll Collect aus.

Im vergangenen Jahr waren die Einnahmen aus der Lkw-Maut erstmals niedriger als im Vorjahr. Toll Collect sammelte 2010 nach eigenen Angaben 4,484 Milliarden Euro Maut ein, 11,5 Prozent davon erhält das Konsortium als Betreibervergütung. JOHANNES KULMS