Berlin will Nobelpreisträger züchten

Der Senat will im Rahmen des Masterplans Wissenschaft mehr als 300 Millionen Euro in Spitzenforschung und Ausbildung investieren. Ein Institut soll Exzellenzbereiche bündeln, ein Forschungspreis den Nachwuchs anspornen

Berlin soll innerhalb der kommenden vier Jahre internationaler Topstandort für die Wissenschaft werden. Bis 2011 wird der Senat für eine Bildungs- und Forschungsoffensive rund 185 Millionen Euro investieren, dazu kommen mehr als 100 Millionen Bundesmittel. „Wir müssen top sein“, betonte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gestern bei der Vorstellung des „Masterplans Wissenschaft“ gemeinsam mit Bildungssenator Jürgen Zöllner (beide SPD). Er wolle kluge Köpfe nach Berlin holen, „und das kostet Geld“.

Um Berlin konkurrenzfähig zu internationalen Elite-Adressen zu machen, soll die Spitzenforschung nach der Vorstellung des Senats in einer Institution gebündelt werden. Zukunftsträchtige Forschungsfelder sollen zudem besonders gefördert werden. Zöllner kündigte auch an, einen Wissenschaftspreis in Höhe von 50.000 Euro auszuloben. Mit ihm sollten Spitzen- und Nachwuchsforscher ausgezeichnet werden.

Mit dem Masterplan strebt der Senat eine Trendwende für die Hochschulen und Forschungsstätten an. In den vergangenen Jahren waren aufgrund der Haushaltssituation kontinuierlich Studienplätze abgebaut und Zuschüsse gekürzt worden. Der Masterplan zeige, dass der Senat die Bereiche Wissenschaft und Forschung nun zu einem „absoluten Schwerpunktthema“ der Legislaturperiode gemacht habe, erklärte Wowereit.

Der Plan sieht neben der Förderung der Spitzenforschung auch eine Qualitätsoffensive in der Ausbildung vor. Dazu soll die Zahl der Juniorprofessuren an Universitäten und Hochschulen weiter erhöht und die Zahl der Studienanfängerplätze um 1.000 auf jährlich 20.500 gesteigert werden. Dafür stünden zehn Millionen Euro bereit. „Absolute Spitze wird sich nur erhalten, wenn in Nachwuchs investiert wird“, erklärte Wowereit.

Zur Verbesserung der Lehre will der Senat ein eigenes Institut an den Hochschulen einrichten. Ältere Professoren sollen länger an ihren Hochschulen gehalten werden, ohne dass auf die frühzeitige Nachfolgebesetzung der Lehrstühle verzichtet wird.

Bildungssenator Zöllner betonte, die Wissenschaft sei ein „Zukunftsfaktor für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung“. Ziel müsse sein, auch mal einen „potenziellen Nobelpreisträger“ in die Stadt locken zu können. Momentan ruhe der Wissenschaftsstandort Berlin auf vielen Säulen und es gebe einzelne Inseln der Spitzenforschung. Um die wissenschaftliche Attraktivität Berlins zu erhöhen, plane er daher, ausgewählte Spitzenforschungsbereiche aus unterschiedlichen Hochschulen in einer Institution zusammenzufassen. So könne eine Adresse entstehen, die einheitlich erkennbar ist und „eine Karriere als Topwissenschaftler garantiert“.

Die Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte den Masterplan. Nach Jahren der Kürzungsmentalität sei die Wissenschaftsoffensive in finanzieller und struktureller Hinsicht ein gutes Signal. „Das sind erfreuliche Nachrichten“, sagte Folker Schmidt, Vorsitzender der Abteilung Wissenschaft bei der GEW Berlin der taz. „Das hätten wir so nicht erwartet.“

Die Opposition kritisierte das Vorhaben. Der Masterplan sei „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Anja Schillhaneck. Der durch die Kürzungen entstandene Schaden der vergangenen Jahre sei mit den nun zugesagten Mitteln nicht wieder gutzumachen. VEIT MEDICK