Untreue-Anklage gegen Ex-Chef der WestLB

Düsseldorfer Staatsanwaltschaft wirft Ex-WestLB-Chef Sengera schwere Untreue wegen Milliarden-Kreditvergabe vor

DÜSSELDORF dpa ■ Gegen den ehemaligen WestLB-Chef Jürgen Sengera, 64, ist vier Jahre nach dessen Rücktritt Anklage wegen des Verdachts der schweren Untreue erhoben worden. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft warf dem früheren Spitzenmanager am Montag vor, für einen Schaden von 427 Millionen Euro im Zusammenhang mit einem geplatzten Kredit an den britischen Fernseherverleiher Boxclever verantwortlich zu sein. Sengera führte die damals fünftgrößte deutsche Bank von 2001 bis Mitte 2003.

Sengera soll 1999 als Vorstandsmitglied für Spezialfinanzierungen die Bewilligung des 1,35 Milliarden Euro schweren Boxclever-Kredits ohne ausreichende Risikoprüfung bewirkt haben. Dadurch sei der WestLB nach der Insolvenz Boxclevers bis zum heutigen Tag ein Schaden von 427 Millionen Euro entstanden. Boxclever war mit der Geschäftsidee gescheitert, Elektrogeräte wie Fernseher an Kunden und Kundinnen zu vermieten.

Die WestLB hatte in den Jahren 2002 und 2003 insgesamt rund 3,6 Milliarden Euro Verlust verbuchen müssen. Boxclever gilt als das verheerendste Kreditgeschäft der ehemaligen Landesbank. Nachdem die Bankenaufsicht BaFin nach einer Prüfung des Geschäfts „Zweifel an der fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit der zuständigen Vorstandsmitglieder“ geäußert hatte, trat Sengera am 23. Juni 2003 zurück.

Sengeras Verteidiger Christian Richter warf den Anklägern vor, „einen strafrechtlichen Vorgang zu konstruieren“. Der Vorstand habe dem Kredit einstimmig zugestimmt. Die Kriminalisierung dieser Entscheidung sei zum Scheitern verurteilt, erklärte der Kölner Anwalt. Jürgen Sengera habe es deshalb abgelehnt, einen Strafbefehl zu akzeptieren und das Verfahren damit ohne einen möglichen Strafprozess zu beenden.

Über die Eröffnung der Hauptverhandlung gegen Sengera muss nun Richterin Brigitte Koppenhöfer am Düsseldorfer Landgericht entscheiden. Koppenhöfer hatte den Mannesmann-Prozess in erster Instanz geleitet und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und die übrigen Angeklagten freigesprochen.