STEREOTYPISCHE MAFIA
: Kleiner Kurierdienst

„Sollte doch möglich sein, dass Sie mich einen kleinen Kurierdienst erledigen? Eilt aber nicht“, sagt Aushilfshausmeister Werner, als ich vorbeihusche, „ich sitze morgen auch noch hier“.

Ich hatte Werner vor einigen Tagen vor dem Nargile-Café getroffen. Er trank Tee, fragte, wie es denn gehe, und ich erzählte, dass ich bald nach Kalabrien reise. „Am billigsten fliegen Sie nach Neapel“, sagte er dann. „Dann könnse mir was mitbringen. Was machense denn da?“ „Ein Journalisten-Workshop“, antwortete ich.

Neulich hatte ich ihn gebeten, mich mal in den Keller mit den Stromzählern zu lassen. Er schlug den folgenden Freitag vor. Seitdem schaute er mich stets an, als hätten wir ein delikate Verabredung. Am Freitag klappte es dann nicht, weil gerade die „Jungs von der Finanzbehörde Ärger machten“.

„Mach mal Cay!“, herrscht er den Jungen aus dem Café an und dann mich: „Setzen Sie sich doch endlich!“ Er grinst breit und schwitzt. „Wo ich Ihnen doch immer det Hoftor aufsperre, da ist doch mal ein kleiner Gefallen drin, oder? Ne kleine Lieferung aus Italien?“ – „Kein Problem!“, beteuere ich, frage ihn aber verunsichert, was er damit meint. „Det können wir ja noch mal besprechen“, sagt er. „Bin ja immer hier!“

„Reden wir noch über die Lieferung?“, brüllt er am nächsten Tag wieder. „Und wenn Sie mir am Wochenende außerdem mal die Reiseseiten Ihrer Zeitung reinreichen könnten?“

Am Samstagmorgen steht die Hintertür des Cafés offen und ich beschließe die Reiseseiten schnell hineinzulegen. Da tönt aus der Dunkelheit: „Sie denken noch an die Italien-Lieferung? Was isn det eigentlich fürn Workshop?“ – „Stereotype Darstellung der Mafia in den Medien“, murmel ich. ANTONIA HERRSCHER