Staat ernährt Neonazis zu zwei Dritteln

Innensenator Körting sieht angesichts neuer Zahlen wachsende Dringlichkeit eines NPD-Verbotsverfahrens

Die NPD finanziert sich nach Einschätzung von Innensenator Ehrhart Körting zu zwei Dritteln aus öffentlichen Geldern. Theorien, wonach der Rechtsextremismus geheime Finanziers habe, seien „Legenden“, sagte Körting gestern vor dem Ausschuss für Verfassungsschutz im Abgeordnetenhaus.

Grundlage für Körtings Berechnungen ist ein Bericht der Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz (IMK) über die Finanzquellen rechtsextremer Kreise. Darin heißt es, rund 42 Prozent der NPD-Einnahmen stammten aus der staatlichen Parteienfinanzierung (1,23 Millionen Euro). Weitere 50 Prozent stammen aus Kleinspenden und Mitgliedsbeiträgen (1,54 Millionen Euro), die durch ihre steuerliche Absetzbarkeit staatlich subventioniert werden. Somit komme der Steuerzahler zu 64,5 Prozent für die rechtsextreme Partei auf, betonte Körting.

Bislang war die IMK von teils geheimen Geldquellen der Partei ausgegangen. Erst Anfang Juni hatten sich die Länderminister auf eine Strategie verständigt, entsprechende intransparente Zuwendungen zu stoppen. Ein Ansatz der Gruppe war, die Geldgeber der NPD öffentlich zu brandmarken. Nach gründlicher Prüfung des Arbeitsgruppenberichts und diverser Verfassungsschutzinformationen glaubt Körting nun aber nicht mehr an eine verborgene Finanzierung von Neonazis durch Einzelpersonen. Es gebe auch keine Finanzströme aus dem Ausland an die Rechtsextremistenszene, erklärte er.

Umso alarmierender sei es, dass ausgerechnet Staatsgelder die in Finanznot geratenen rechtsextremen Parteien am Leben hielten. Der Innensenator unterstrich seine Forderung nach einem neuen Verbotsverfahren. Er wolle nicht zusehen, wie der Staat dabei helfe, sich selbst zu ruinieren. Es sei unerträglich, „dass eine menschenverachtende Ideologie auch noch von steuerzahlenden Menschen bezahlt“ werde. Der erste Versuch, die Partei zu verbieten, war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht wegen einer Vielzahl von V-Leuten in NPD-Führungsgremien gescheitert.

Nach Ansicht des Innensenators dürfte ein Verbot aber nicht die NPD allein treffen. „Ich würde das auf die DVU ausweiten“, sagte Körting. „Es gibt da keinen qualitativen Unterschied.“ Offenbar gibt es auf Ebene der Innenministerkonferenz hinsichtlich einer Neuauflage eines Verbotsverfahrens Bewegung. „Ich bin da nicht völlig allein“, erklärte Körting. Er habe die Unterstützung von mindestens drei Kollegen. VEIT MEDICK