Haftbefehl für einen Reuigen

Werner B. war beim SS-Massaker im Bergdorf St’ Anna dabei. Nun fordert die italienische Justiz die Auslieferung

Der europäische Haftbefehl gegen Werner B. ist den deutschen Behörden zugestellt. Der ehemalige SS-Unteroffizier lebt in Reinbek bei Hamburg. Der Militärstaatsanwalt von La Spezia, Marco De Paolis, hat die Auslieferung beantragt. Bereits seit November 2006 sind die Haftstrafen in Italien gegen Werner B. und zwei weitere frühere SS-Angehörige wegen dem Massaker in St’ Anna di Stazzema rechtskräftig.

Am Telefon hatte Werner B. 2005 von der Verurteilung erfahren. Am 22. Juni des Jahres hatte das Militärtribunal La Spezia zehn Angehörige der 16. Panzergrenadier-Division „Reichsführer SS“ für schuldig an der Ermordung von 560 alten Männern, Frauen und Kindern erklärt. In Abwesenheit der Angeklagten verhängte das Tribunal für alle eine lebenslange Haft. Einige der hochbetagten Männer, wie Gerhard Sommer aus Hamburg-Volksdorf, riefen das italienische Kassationsgericht an. Denn Sommer hat ein „absolut reines Gewissen“. Werner B. nicht. Der frühere Lehrer sagte schriftlich beim Verfahren aus und legte keine Rechtsmittel ein. Mit seiner Einheit stellte er am 12. August 1944 die Nachhut nahe dem kleinen Bergdorf. Binnen vier Stunden tötete die SS alleine 116 Kinder, das jüngste 20 Tage alt. „Es war schlimm“, sagt Werner B.

Der beantragte Haftbefehl könnte allerdings folgenlos bleiben – Deutschland liefert keinen Staatsbürger aus, es sei denn, die Betroffenen stimmen zu. Auf Antrag der italienischen Behörden sei eine Vollstreckung der Strafe aber auch in Deutschland möglich, sagt Lars Reissman vom Arbeitskreis Sant’ Anna aus Hamburg. ANDREAS SPEIT