Jukebox

Die geschwisterliche Liebe unter den Kindern von Pop

Wie steht es überhaupt mit den family values in der Popmusik?

So und so: Zwei beliebte Fernsehserien, an die man sich vielleicht erinnert: hier „Die Waltons“, da „Das Haus am Eaton Place“. Bei Ersterer geht es um eine Großfamilie zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise (klassischer Satz: „Gute Nacht, John Boy“), bei Zweiterer – der Originaltitel „Upstairs, Downstairs“ hat es bereits zugespitzt – um Großbürgertum und Dienstboten in einem Haus. Die Waltons kommen aus den USA. Das Haus am Eaton Place steht in London, England.

Daraus lassen sich prinzipielle Beschaffenheiten ableiten. Sie spiegeln sich auch in der Popmusikproduktion. Familie in den USA: Keimzelle und und Zielpunkt des sozialen Lebens. Ewiger Pioniertrupp, der Amerika weiter aufbaut. Die nachmaligen Mitglieder der Kings of Leon (sie spielen ihren traditionell gesättigten Rock am Sonntag in der Columbiahalle) zogen im Wohnmobil durch die USA. Die Kings of Leon sind drei Brüder. Kinder eines Wanderpredigers. Solche Geschwisterbands sind vor allem ein amerikanisches Phänomen. It don’t matter if you’re black – The Jackson Five – or white: die Beach Boys. Beide Bands wurden von ihren Vätern zum Erfolg geprügelt. Der Familienfriede als Verheißung macht sich einfach nett im Geschäft.

Auch in Großbritannien gibt es natürlich den geschwisterlichen Anteil in der Popmusik. Die berühmten Brüderpaarungen bei den Kinks (Ray und Dave Davies) oder Oasis (Liam und Noel Gallagher) zum Beispiel. Im Haus am Eaton Place aber wohnt die Ständegesellschaft. Da herrscht ein ganz anderer Kampf, der auch innerhalb der Familie ausgetragen wird. Die Streitereien zwischen den Brüdern bei Oasis und den Kinks zählen zum Legendenschatz der Popmusik.

Ob sich Pop und Familie überhaupt vertragen? Vertragen können? Zuerst ein Vermittlungsvorschlag: Da gibt es doch diese irischen Klans. Gut eingesessene Familienunternehmen wie Clannad, die Corrs und so fort, die mit Musik handeln. Die allerdings von der Folklore herkommt, selbst wenn sie nach den Regeln von Pop gespielt sein mag. Musik also, die von den Eltern an die Kinder weitergereicht wird. Prinzip Stubenmusik. Auch die Geschwisterpaarungen der volkstümlichen Musik hier im Land zeigen, dass da ein Aspekt von Pop betulich ausgeblendet wird. Seine libidinöse Besetzung. Rock, alte Weisheit, ist Sex. Was dann doch heißen muss, dass Pop zu viel Familie (das Inzestverbot!) nicht erträgt. THOMAS MAUCH