: Fee, Mutter, Bankräuberin
FRAUENBILD In 40 Jahren ist bei den Spielzeugfiguren von Playmobil-Figuren manche Frauenrolle hinzugekommen. Aber auch im aktuellen Katalog dominieren traditionelle Rollenbilder – auch weil Mädchen von heute so etwas ganz selbstbewusst nachfragen
KATHRIN PANNE, VOLKSKUNDLERIN
VON JOACHIM GÖRES
Sagt der gelbe Bauarbeiter: „Das ist heute schon meine fünfte Flasche.“ Antwortet der grüne Bauarbeiter: „Macht nichts, es ist genug Bier da.“ Eine Szene aus dem Playmobil-Katalog aus dem Jahre 1975. Ein Jahr zuvor kamen die ersten Plastikmännchen in die Spielwarenläden – ein Indianer, ein Cowboy und ein Bauarbeiter. 1976 tauchen dann die ersten weiblichen Playmobil-Figuren auf: Eine Frau mit Kopftuch, in der Rechten einen Staubsauger, in der Linken einen Handfeger. Als Zubehör gibt es Besen, Teppichklopfer, Schaufel und Eimer. Im damaligen Katalog gibt es auch eine Frau mit Schirm und Koffer, eine Krankenschwester und eine Indianersquaw – mit der rechten Hand rührt sie mit einem großen Löffel in einem Bottich, in der anderen Hand hält sie ein Messer.
Bis heute hat Playmobil 2,7 Milliarden der 7,5 Zentimeter großen Figuren in 4.000 unterschiedlichen Versionen in mehr als 100 Ländern verkauft, vor allem in Deutschland und Frankreich. Sie lächeln den Betrachter freundlich an und wollen die Kinder zum Rollenspiel einladen, so eine Intention der Herstellerfirma Geobra Brandstätter aus dem bayrischen Zirndorf. Welches Frauenbild dabei die Figuren vermitteln, damit hat sich Kathrin Panne beschäftigt, stellvertretende Leiterin des Bomann-Museums Celle. Dort wird demnächst die Ausstellung „Playmobil – Spielgeschichte(n)“ gezeigt.
„In den 70er- und 80er-Jahren erscheinen Frauen bei Playmobil in untergeordneten Rollen“, sagt die Volkskundlerin Panne. Sie tauchten vor allem als Mütter auf, die Kinderwagen schieben, es gebe auch Bäuerinnen und weibliche Hausangestellte. „Playmobil spiegelt die traditionellen Familienstrukturen wider.“ Lange sind Frauen bei Playmobil nur an äußeren Merkmalen wie Minikleidchen und halblangen Haaren erkennbar. Erst ab Ende der 1980er-Jahre erhalten die Figuren einen Busen; lange Röcke und Hosenanzüge werden populärer.
Ab den 90er-Jahren dürfen Frauen bei Playmobil auch Trendsportarten ausüben oder in Polizeiuniform auf Streife gehen. Seit 2010 gibt es weibliche und männliche Badefiguren, die schlanker als die klassischen Figuren sind. Sie wurden laut Judith Weingart von der Geschäftsleitung des Herstellers auf vielfachen Wunsch der Kinder eingeführt, genauso wie die erste schwangere Figur, die 2012 auf den Markt kam. Eine blonde Playmobil-Bankräuberin löste vor zwei Jahren dagegen Proteste aus.
Heute können Kinder ihre Figuren mit einzelnen Teilen aus Überraschungstüten selber zusammenbauen, wobei es unter anderem die Frau mit Helm und dem Hammer in der Hand oder das Cowgirl mit Westernhut und Gewehr gibt. Auf der eigenen Homepage gibt sich Playmobil modern: „Als wahre Multi-Talente bestehen Playmobil-Figuren erfolgreich alle möglichen Abenteuer“, heißt es da. Und: „In historischen Szenarien als Ritter oder Piratinnen, in der Gegenwart als Bauarbeiter, Tierärztin oder Polizist oder in virtuellen Welten als Agentinnen oder Agenten.“
Beim Blick in den aktuellen Katalog überwiegen dagegen traditionelle Rollenbilder. In aufwändig inszenierten Playmobil-Spielwelten für Kinder zwischen vier und zehn Jahren dominieren Frauen als Prinzessinnen und Feen in Rosa und Lila. In der Kita tummeln sich Mütter und Erzieherinnen, die um das Wohl der Kleinen besorgt sind. In der modernen Luxusvilla vergnügen sich Frauen im Fitnessraum, beim Bräunen am Swimmingpool, unter der Dusche im Bikini oder machen sich im Ankleidezimmer hübsch. Im Shopping-Center lassen sie sich im Beauty-Salon oder in der Modeboutique verwöhnen.
Am beliebtesten bei Mädchen sind die Spielwelten Reiterhof, Prinzessinnenschloss und Shopping-Center. Im Playmobil-Katalog werden spielende Mädchen gezeigt, die mit verzücktem Blick die weiblichen Figuren mit ihren Lieblingskleidern ausstatten – mit den Playmobil-Wechselkleidern wurde 2013 „ein sehnlicher Wunsch unserer kleinen weiblichen Fans erfüllt“, sagt Weingart.
„In den letzten Jahren steht wieder mehr die traditionelle Rolle im Vordergrund“, so das Fazit von Panne. „Das Shopping-Center entspricht einem Klischee und zugleich der Realität von jungen Frauen. Die Darstellungen bei Playmobil sind ein Abbild der Gesellschaft.“
„Playmobil-Spielgeschichte(n)“: 6. 12. bis 12. 4. 2015, Bomann-Museum, Celle Näheres unter www.bomann-museum.de