Vorstoß fürs Kindeswohl

FLÜCHTLINGE Bei ihrem Treffen in Bremen fordern die Integrationsbeauftragten der Länder eine andere Verteilung minderjähriger Asylsuchender – und mehr Geld vom Bund

Für eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen auf die Länder sowie eine schnellere und leichtere Integration der Betroffenen haben sich die Integrationsbeauftragten der Länder in einer gemeinsamen Resolution ausgesprochen. Für Letzteres sorgen soll insbesondere ein schnellerer Zugang zum Arbeitsmarkt, erklärten sie am Freitag nach einer zweitägigen Konferenz in Bremen.

Geschehen solle das etwa durch die Öffnung der vom Bund finanzierten Integrationskurse sowie des Programms „Integration durch Sport“. Von beidem sind Asylbewerber bislang ausgeschlossen. Zudem sprachen sich die Konferenzteilnehmer einstimmig dafür aus, minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern gemäß dem „Königsteiner Schlüssel“ unterzubringen. Dieser regelt, wie die Länder gemeinsam zu schulternde Aufgaben unter sich aufteilen.

„Es kann nicht dem Kindeswohl dienen, wenn sie bundesweit in wenigen Kommunen untergebracht werden“, sagte die Integrationsbeauftragte von Sachsen-Anhalt, Susi Möbbeck. Bislang sind Kinder dort in Obhut zu nehmen, wo sie sich als asylsuchend gemeldet haben. Während in Sachsen-Anhalt rund 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge lebten, seien es in Bremen mehr als 300, hieß es gestern. Die Integrationsbeauftragten forderten nun eine Gesetzesänderung, welche die Verteilung unter Wahrung des Kindeswohls durch länderübergreifende Arbeit der Jugendämter ermöglichen soll.

Zustimmung erhielt eine bereits im November erfolgte Gesetzesänderung: Danach dürfen Flüchtlinge nach drei Monaten arbeiten, auch entfällt die „Vorrangprüfung“ nach 15 Monaten: Diese begünstigte Deutsche und EU-Bürger bei der Arbeitssuche. Ergänzend bedürfe es nun einem „Zugang zu Integrations- und berufsfeldbezogenen Deutschkursen“, so Bremens Integrationsbeauftragte Silke Harth. Auch für Möbbeck ist „frühestmögliche Teilhabe“ eine wesentliche Chance bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen.

Der Rheinland-Pfälzer Miguel Vicente erkannte einen erfreulichen „Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik und Gesellschaft“: Früher habe man Flüchtlinge ausgeschlossen, solange ihr Rechtsstatus ungeklärt war, inzwischen sei der Zugang zu Sprachqualifizierung und Arbeitsmarkt erleichtert worden. Gleichwohl befinde man sich noch auf „halber Strecke“, so Vicente.

Neben der Öffnung von Integrationskursen und Sportprogrammen forderte die Konferenz deswegen einheitliche und bundesweite Qualitätskriterien zur Unterbringung von Flüchtlingen. Die Ziele formulierte Martin Gillo aus Sachsen so: kürzere Heimunterbringung, mehr Sprach- und Freizeitangebote, besserer Zugang zu Bildung. Geld vom Bund wünschte er sich für gesundheitliche Versorgung und psychosoziale Beratung.

Die nun in Bremen aufgestellten Forderungen sind rechtlich nicht verbindlich. Möbbeck zufolge sollen sie aber als Empfehlungen in eine Konferenz Ende des Jahres Eingang finden. Da sitzen dann auch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten mit am Tisch.  GARETH JOSWIG

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