Mehr Type als Torjäger

Seine großen Töne ließen nicht lange auf sich warten. Im Hochgefühl der ersten Tore für den VfL Wolfsburg hatte Nicklas Bendtner öffentlich erklärt, dass ein Platz in der Champions League für den Verein drin sei. Gegen gesunden Ehrgeiz ist selten etwas einzuwenden. Aber weil der Däne im Zweifelsfall erst Worte und dann Taten sprechen lässt, werden seine Auftritte als Fußballprofi stets kritisch beäugt.

Der eigenwillige Stürmer ist bei Arsenal London ausgemustert und als vertragsloser Reservist nach Wolfsburg transferiert worden. Da wäre es klug, sich hinten anzustellen und dankbar für eine neue Chance zu sein. Das kann Bendtner aber nicht. Oder er will es nicht.

In der Europa-League hat er bereits für den VfL Wolfsburg getroffen. In der dänischen Nationalelf gehörte er gerade auch wieder zu den Torschützen. In der Bundesliga benötigte Bendtner zwölf Spieltage Anlauf für seinen ersten Treffer bei der 2:3-Niederlage gegen Schalke 04.

Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs ist ein hohes Risiko eingegangen, als er den umstrittenen Angreifer zu einem angepassten und braven Verein wie dem VfL geholt hat. Aber man muss ihm dankbar sein, dass er mit Bendtner einen Spieler verpflichtet hat, der polarisiert. Typen wie Bendtner wollen eben Elfmeter schießen, für die sie gar nicht vorgesehen sind. Sie möchten nicht auf der Ersatzbank sitzen, obwohl ihre eher lustlosen Trainingsleistungen keinen Stammplatz rechtfertigen. Man kann sich wunderbar an ihnen reiben.

Allofs macht kein Geheimnis daraus, dass dem VfL Wolfsburg eine Mischung aus Toren und Aufmerksamkeit sehr gut tut. Also lassen sie dem extravaganten Bendtner die Freiheit, in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram nahezu täglich etwas zu veröffentlichen, was seinen Ruf als Lebemann fördert. Er ist auch berühmt, weil er sich im Internet nur mit einem BH vor der Hüfte gezeigt hat. So wird man in Sekunden zum Poser. Teure Autos, verbotene Unterwäsche-Werbung, Alkohol-Eskapaden: Es wird noch eine Weile dauern und so manches Tor, bis Bendtner in erster Linie als Sportler wahrgenommen wird.

Abseits des Rasens tut Bendtner alles, um sich vom Rest der Mannschaft und sogar der Liga abzuheben. Wenn seine Kollegen nach einem Pflichtspiel in Jeans oder Ballsonseide gekleidet den Umkleidebereich verlassen, setzt der 26-Jährige Minuten nach dem Schlusspfiff modische Maßstäbe mit schicken Halstüchern und trendigen Mützen zu edlem Zwirn. Bendtner gäbe ein gutes Model ab. Da wäre es fast schon komisch und schade, wenn ein Lebemann wie Bendtner kleinlaut aufträte.

CHRISTIAN OTTO