Niedersachsens SPD feiert ihren Kandidaten

„Gerechtigkeit und Verlässlichkeit“: Mit über 97 Prozent wählt der SPD-Landesparteitag den Vorsitzenden der niedersächsischen Landtagsfraktion, Wolfgang Jüttner, zum Spitzenkandidaten für die Wahl im kommenden Januar

Mit einem wahren Traumergebnis hat die niedersächsische SPD den Chef ihrer Landtagsfraktion Wolfgang Jüttner offiziell zum Spitzenkandidaten bei der kommenden Landtagswahl nominiert. Auf einem ganz auf Jüttner zugeschnittenen Parteitag in Hannover stimmten am Wochenende 97,4 Prozent der Delegierten für den neuen Kandidaten – genau 189 Delegierte votierten für Jüttner, vier gegen ihn, einer enthielt sich.

Gerade weil die CDU Jüttner in den vergangenen Wochen immer wieder Inkonsequenz in der VW-Affäre vorgeworfen und Gerüchte über einen Kandidatenwechsel in letzter Minute gestreut hatte, stellte sich der Parteitag wie ein Mann hinter den SPD-Fraktionsvorsitzenden. Während seiner knapp einstündigen Rede heimste er immer wieder heftigen Applaus ein, am Ende gar fünf Minuten lang stehend Beifall. Der ansonsten eher zurückhaltende Jüttner dankte es mit einer kämpferischen Rede, in der er neben Ministerpräsident Wulff vor allem die Bildungs- und Wirtschaftspolitik der schwarz-gelben Koalition attackierte.

Für FDP-Wirtschaftsminister Hirche sei „Nichtstun Programm“, sagte Jüttner etwa, und „rechts von Innenminister Schünemann ist nur noch die Wand“. Dem Ministerpräsidenten warf er vor, sich aus der Tagespolitik herauszuhalten. Was Wulff dann aber zur Chefsache erkläre – die Rechtschreibreform oder den Nichtraucherschutz –, missglücke ihm. „Wackel-Wulff“ stehe für „Beliebigkeit und Anscheinserweckung“, befand Jüttner, er selbst dagegen für „Gerechtigkeit, Geradlinigkeit und Verlässlichkeit“.

Bei einem Wahlsieg werde die SPD Studiengebühren und binnen einer Legislaturperiode die Elternbeiträge in Kitas abschaffen, versprach Jüttner. Überhaupt wolle man den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg zerschlagen. An ihrem Eintreten für Chancengleichheit werde die Partei auch vom Wähler gemessen. Auch der Mindestlohn soll Wahlkampfthema werden. Ganz einstiger Umweltminister, will Jüttner ganz auf den Ausbau regenerativer Energien setzen und vor der weiteren Erkundung des Endlagers Gorleben verlangt er eine Untersuchung anderer Standorte.

Nach seiner Rede war der Spitzenkandidat sichtlich erleichtert, reckte kämpferisch mal die rechte und mal die linke Faust in die Luft. Das Wahlziel der Sozialdemokraten im Januar 2008 lautet: „SPD stärkste Partei“, auf eine Koalitionsaussage wollen sie verzichten. JÜRGEN VOGES