Koalition zofft sich über Haltung zu Russland

OSTEUROPA-POLITIK Steinmeier warnt vor Abspaltung der Ostukraine und ruft zu verbaler Mäßigung auf. Der „Petersburger Dialog“ mit Russland soll „reformiert“ werden und Putin gegenüber kritischer werden

BERLIN dpa | Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat hat vor einer dauerhaften Abspaltung der Ostukraine vom Rest des Landes gewarnt. Er nehme „Russland beim Wort, dass es die Einheit der Ukraine nicht zerstören will“, sagte er dem Spiegel. Die Realität spreche aber derzeit „eine andere Sprache“. Zugleich warnte Steinmeier vor zu viel verbaler Schärfe. „Die rhetorische Eskalation zwischen den Hauptstädten“ sei beim G-20-Treffen im australischen Brisbane und danach „gefährlich angeschwollen“. Es sei unklug, wenn solche Gipfel, „wo letzte Möglichkeiten zum direkten, vielleicht vertraulichen Gespräch bestehen, als öffentliches Forum inszeniert werden“.

Das kann man als Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lesen, die am Rande des Gipfels lange mit Putin gesprochen, später aber scharfe Kritik an ihm geäußert hatte. Dass es deswegen Meinungsverschiedenheiten mit Merkel gebe, nannte Steinmeier jedoch „an den Haaren herbeigezogen“. Und aus dem Auswärtigen Amt hieß es, Steinmeier habe nicht Merkel, sondern Kanadas Ministerpräsidenten Stephen Harper gemeint.

Trotzdem forderte CSU-Chef Horst Seehofer die SPD am Wochenende auf, sich deutlicher hinter Bundeskanzlerin Angela Merkel zu stellen. Über ihre Russland-Politik wollen die Parteichefs von CDU, CSU und SPD am Dienstag im Kanzleramt sprechen. „Wenn Herr Steinmeier eine eigene Diplomatie neben der Bundeskanzlerin betreibt, so wäre das brandgefährlich“, sagte Seehofer dem Spiegel.

Das deutsch-russische Gesprächsforum „Petersburger Dialog“ soll indes eine neue Führung erhalten und neu ausgerichtet werden. Das sehe ein Eckpunktepapier vor, das von Kanzleramt und Auswärtigem Amt unterstützt werde, berichtet die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Darin heiße es, der Petersburger Dialog sei als Forum zwischen der deutschen und der russischen Zivilgesellschaft gedacht und müsse in Zukunft „auch Raum für die kritische Auseinandersetzung mit der russischen Politik geben“.

Dieses Zugeständnis habe Merkel bereits am Mittwoch Außenminister Steinmeier abgerungen, schreibt der Spiegel. Der bisherige Vorsitzende, der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière (CDU), soll abgelöst werden, weil er im Kanzleramt Russland gegenüber als zu unkritisch gelte. Die enge Verbindung mit dem Deutsch-Russischen Forum, das von Steinmeiers Vertrautem Matthias Platzeck geleitet wird, solle aufgelöst werden.