„Politik am Ende“

DOKUMENTATION Der offene Brief der Berliner Kulturschaffenden

Dieser offene Brief wurde im Rahmen der Konferenz „KUNST STADT BERLIN 2020 Welche Kunstpolitik braucht die Stadt?“ verfasst. Er richtet sich an Senat, Liegenschaftsfonds und die Spitzenkandidaten zur Abgeordnetenhauswahl. Mit der Dokumentation in der taz wird der Brief erstmals veröffentlicht.

„Seit 2009 werden mit Bezirk und Quartier qualifizierte Konzepte rund um die Blumengroßmarkthalle in der Südlichen Friedrichstadt, Kreuzberg entwickelt. Nun hat der Liegenschaftsfonds die Ausschreibung der umgebenden öffentlichen Liegenschaften im Widerspruch zu den bezirklichen Entwicklungsverfahren und Beschlüssen unter dem Titel ‚Checkpoint Art‘ veröffentlicht. Durch dieses Bieterverfahren wird das Ziel verfolgt, an Investoren zu möglichst hohen Preisen zu verkaufen. Dadurch werden Nutzungen, die sich nicht mit einem Höchstpreis ökonomisieren lassen, ausgeschlossen. Die Höchstpreisvergabe schließt bewusst bestehende soziale Akteure aus.

Damit zeigt sich, dass der Liegenschaftsfonds im Auftrag der Stadt Berlin ausschließlich einmalige monetäre Gewinne verfolgt und so langfristiger Quartiersentwicklung den Boden entzieht. Durch diesen Vorgang ist das Vertrauen in den nachhaltigen Umgang mit Liegenschaften nicht mehr gegeben.

Wir fordern ein Moratorium für den Verkauf öffentlicher Liegenschaften, bis nachhaltige und qualifizierende Verfahren entwickelt wurden. Zukünftige Bewirtschaftung öffentlicher Liegenschaften sollte nicht die Privatisierung verfolgen, sondern sich für nachhaltige Stadtentwicklung einsetzen. Es ist weder sozial, kulturell noch wirtschaftlich nachhaltig, nur einen einmaligen unqualifizierten Veräußerungsgewinn zu erzielen.

Berlin soll sich die Erfahrungen großer Metropolen mit moderner Stadtentwicklung zunutze machen, die mehrheitlich zu einer innovativen und zukunftsorientierten Liegenschaftspolitik geführt haben.

Welche der sich zur Berliner Abgeordnetenhauswahl stellenden Spitzenkandidat/innen bekennen sich im Sinne einer Wahlentscheidungshilfe zum Ende eines Ausverkaufs?

■ Zu den 75 Erstunterzeichern gehören Leonie Baumann (Rektorin Kunsthochschule Weißensee), Arno Brandlhuber (Architektur-Professor), Karin Rebbert (Leiterin der NGBK), Cornelia Reinauer (Ex-Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Linke), Jochen Sandig (Leiter des Radialsystem V), Bernd Scherer (Intendant Haus der Kulturen der Welt), Alice Ströver (Kulturpolitikerin der Grünen), Thomas Wulffen (Kurator). Infos unter: www.stadt-neudenken.tumblr.com